Rücktritt Clintons wird diskutiert

■ Angebliche Freundin will jetzt doch aussagen

Washington (taz) – Während Clinton seine besten Strategen im Weißen Haus versammelt, während seine alten Wahlkampfhelfer für ihn in die PR-Offensive gehen und Gattin Hillary die Rolle der Generalstabschefin bei der Verteidigung übernimmt, hat sein ehemaliger Stabschef Leon Panetta das Undenkbare zu denken gewagt. Sollte an der Affäre über das Verhältnis zwischen dem Präsidenten der Vereinigten Staaten und einer damals 21jährigen Praktikanten im Weißen Haus etwas dran sein, dann wäre es besser, Clinton trete jetzt zurück und überließe das Feld seinem Vize Al Gore. Bis zum Wahljahr 2000 könnte der die demokratische Regentschaft im Weißen Haus vom Odium des Skandals befreien. Nur so hätten die Demokraten Aussichten, bei den Wahlen im Jahr 2000 wieder den Präsidenten zu stellen.

Mit Spannung wird erwartet, was Monica Lewinsky sagt, wenn sie von Sonderermittler Kenneth Starr befragt wird. Auf Tonbändern hatte sie Einzelheiten eines angeblichen sexuellen Verhältnisses mit Clinton geschildert – darunter, daß der Präsident mit ihr „nur“ oralen und Telefonsex hatte, was der Präsident nicht als richtigen Sex ansehe. In einer Aussage unter Eid aber hatte sie erklärt, daß sie nie eine intime Beziehung mit Clinton hatte.

Jetzt will Kenneth Starr sie wegen Meineid vor Gericht bringen – es sei denn sie stelle sich als Kronzeugin zur Verfügung. Kenneth Star hat inzwischen die Wohnung von Monica Lewinsky durchsuchen lassen und ein Kleid beschlagnahmt, das Clinton ihr geschenkt haben soll. Ein Kleidungsstück ließ er nach Samenflecken des Präsidenten untersuchen. Lewinskys Anwalt sagte gestern, die 24jährige sei nun bereit, über ihre Beziehung zu Clinton Auskunft zu geben. Bedingung sei aber Straffreiheit für den Widerruf ihrer früheren Erklärung, sie sei mit Clinton nicht intim gewesen.

Inzwischen wurde bekannt, daß die Idee, Monica Lewinsky von ihrer Kollegin Linda Tripp aushorchen zu lassen, von Lucianne Goldberg, einer Literturagentin stammt. Sie hatte schon zuvor versucht, andere Enthüllungen über Clinton an Verlage zu vermarkten. So vertrat Goldberg die Polizisten Dany Ferguson und Ronald Anderson, die behauptet hatten, in ihrer Eigenschaft als Leibwächter des Gouverneurs von Arkansas Bill Clinton heimlich Frauen zugeführt zu haben.

Mit Spannung erwarte man, was der Präsident selbst sagen wird, wenn er morgen vor beiden Häusern des Kongresses den Bericht über die Lage zur Nation abgibt. Peter Tautfest

Tagesthema Seite 3