Ende einer gefiederten Dynastie

■ Züchter will für getöteten Kampfhahn und ungelegte Eier 55.000 Mark

Oldenburg. Das tragische Ende eines hoffnungsvollen japanischen Kampfhahns und seiner Henne beschäftigt seit Dienstag das Landgericht Oldenburg in einem Schadenersatzprozeß. Die Edel-Vögel sollten Stammeltern eines erstmals in Deutschland gezüchteten Geschlechts von Shamo-Hähnen werden. Doch zu der ruhmreichen Karriere in der Fremde kamen sie nicht. Im April vergangenen Jahres stieß der Hahn in einem offenbar ungleichen Kampf mit einem Hund sein letztes Kikeriki aus. Er ruht seitdem in einem Tiefkühlfach als Beweisstück. Im kühlen Grab neben ihm die Henne, die dem Kämpfer in den Heldentod fernab der Heimat Nippon folgte.

„Blacky“, der Mischling eines Nachbarn habe die Shamos ruchlos gemeuchelt oder zumindest in den Tod getrieben, behauptet ihr ehemaliger Besitzer aus Ganderkesee (Kreis Oldenburg). Für den toten Kämpfer und die nicht mehr gelegten Eier seiner Partnerin will der Züchter 55.000 Mark Schadenersatz. 10.000 Mark hat die Haftpflichtversicherung von Blackys Herrchen bereits bezahlt. Damit ist der Shamo-Fan jedoch nicht zufrieden. Allein eine Japanreise mit Hotelkosten und anderen Spesen für die Beschaffung von Edel-Hahn und Henne verschlinge deutlich mehr. Hinzu komme der Wert der ungelegten Shamo-Eier, die er mit 25.000 Mark taxiert.

Die Beweislage scheint kompliziert. Außer den Opfern ist auch der Tatverdächtige in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Er wurde wenige Monate nach dem Zwischenfall von einem Auto überfahren. Zwar ließe sich auch ein lebender Hund nicht als Zeuge befragen. Die Entnahme einer Speichelprobe beim toten mutmaßlichen Meuchler sei jedoch denkbar, trug der Anwalt des Klägers in der Verhandlung am Dienstag vor. Eine „Exhumierung“wollte das Gericht jedoch nicht anordnen. Mit so tiefgehenden Ermittlungen verschiebe sich das Tragische des Falles bestenfalls ins Groteske, gab die Vorsitzende der achten Zivilkammer des Landgerichts schmunzelnd zu bedenken.

Als Tatzeugin will die Shamo-Partei gegebenenfalls die Ehefrau des Kampfhahnzüchters aussagen lassen. Sie habe den mörderischen Überfall von Blacky beobachtet. Attackiert vom schwarzen Hund, griff der Hahn dann nach Darstellung der Klagepartei zu einer äußersten Kampftaktik: todesmutig zertrümmerte er im Fluchtsprung eine Fensterscheibe des Hühnerhauses, durch die der Verfolger nicht ohne weiteres hätte folgen können. Doch das Manöver des letzten Augenblicks endete für den Kämpfer in der Kühltruhe.

Die Glaubwürdigkeit dieser Schilderung zieht der beklagte Nachbar dagegen bei aller Achtung vor den Kampfqualitäten des Hahns in Zweifel. Zwar sei Blacky am Todestag des Shamo auf dem Grundstück des Züchters als ungebetener Besucher aufgegriffen worden. Doch ins Federviehgehege habe er mangels Körpermasse wegen einer mehrfachen Zaunsicherung nicht eindringen können. Von Hühnerfedern außerdem keine Spur an diesem Tag bei Blacky, versichert der Nachbar. Zuzutrauen sei der Überfall eher einem Pitbull-Terrier im Hause des Klägers, mutmaßt der Beklagte und präsentiert am Diestag überraschend einen neuen Tatverdächtigen.

Wieder tagen will das Gericht Mitte Februar. Zuvor will sich die Zivilkammer möglicherweise noch selbst ein Bild vom Tatort machen. Manfred Protze, dpa