Loyalisten nehmen Auszeit am Runden Tisch

Die Mehrparteiengespräche finden die nächsten sechs Wochen ohne Beteiligung der UDP statt. Eine Vertreterin der nordirischen Frauenkoaliton hält den Ausschluß der Partei für eine Katastrophe  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Es bestehe „nicht die geringste Gefahr“, daß der nordirische Friedensprozeß zusammenbreche, sagte der irische Außenminister David Andrews gestern. Er begrüße die Aussicht auf die erneute Zulassung der loyalistischen Ulster Democratic Party (UDP) zu den Mehrparteiengesprächen.

Am Vortag hatten London und Dublin die UDP vom Runden Tisch zunächst verbannt, nachdem ihr bewaffneter Arm, die Ulster Defence Association (UDA), vorigen Freitag zugegeben hatte, mehrere Katholiken in diesem Monat ermordet zu haben. Die „Dekontaminierungsphase“ soll sechs Wochen dauern, in denen sich die UDA ruhig verhalten muß.

Die UDP hatte am Montag nachmittag die Gesprächsrunde verlassen, um dem Ausschluß zuvorzukommen. Parteichef Gary McMichael sagte, der Beschluß der Regierungen habe festgestanden, und man wollte sich nicht weiter demütigen lassen. Er sagte, die UDA habe sich „ehrenwert verhalten“, indem sie die Morde zugegeben habe, während „andere paramilitärische Organisationen töten und es leugnen“. Der Ausschluß seiner Partei fördere die „Instabilität der Lage“, der Friedensprozeß werde wackliger.

Monica McWilliams von der nordirischen Frauenkoalition, die an den Verhandlungen teilnimmt, bezeichnete den Ausschluß der UDP als „Katastrophe“. Sie befürchtet, daß die UDA nun sämtliche Hemmungen verlieren werde.

Seit die Organisation am Freitag einen Waffenstillstand verkündet hatte, wurden zwei weitere Katholiken getötet, wofür niemand die Verantwortung übernommen hat.

Die Splittergruppe Loyalist Volunteer Force (LVF) erklärte gestern jedoch, daß sie ihre Waffen nicht niederlegen werde, solange „sich Dublin in nordirische Angelegenheiten“ einmische. Am frühen Morgen war ein katholischer Taxifahrer in Belfast bei einem Anschlag mit dem Leben davongekommen, weil die Pistole der Attentäter klemmte.

Bei den Friedensverhandlungen, die vorübergehend in London stattfinden, standen gestern die gesamtirischen Institutionen auf der Tagesordnung – und damit auch die nächsten Probleme. Sinn Féin, der politische Flügel der IRA, fordert Exekutivgewalt für diese Institutionen, wie es im Rahmenplan der beiden Regierungen von 1995 vorgesehen war. Doch von diesem Plan waren London und Dublin Anfang Januar abgerückt, um die UDP bei der Stange zu halten.

Die Ulster Unionist Party (UUP), die größte nordirische Partei, warnte nun, daß sie die Verhandlungen boykottieren werde, falls die Exekutivgewalt wieder ins Spiel gebracht würde. Die Regierungen versuchten gestern in einem Drahtseilakt, es allen recht zu machen. Sie legten dem Runden Tisch ein zwar umfangreiches, aber undeutlich formuliertes Papier vor, das eine Liste von Optionen sowie 16 Fragen enthält.

Darüber sollen die Parteien in den nächsten Wochen verhandeln, doch die Atmosphäre ist zu Gesprächen kaum angetan: UUP- Vorstandsmitglied Ken Maginnis beschimpfte den Sinn-Féin-Präsidenten Gerry Adams gestern als „dreckigen Mörder“. Der frühere US-Senator George Mitchel, der die Gespräche leitet, sagte dagegen, er sei davon überzeugt, daß bis Mai eine Lösung des nordirischen Konflikts gefunden werde.