Neue Nummer 2 der Computerbranche

■ Compaq kauft den Ex-Riesen Digital Equipment und zeigt damit, wie sehr sich die ehemals kleinen PC-Hersteller durchgesetzt haben

Berlin (taz) – „Der Kauf von Digital durch Compaq ist wie der Amtsantritt von John Kennedy im Weißen Haus“, schrieb gestern die Financial Times. „Der Generationswechsel ist vollzogen.“ Compaq ist der weltweit größte Hersteller von Personalcomputern und will für rund 17 Milliarden Mark – zur Hälfte bar, die andere Hälfte in neuen Aktien – für die Digital Equipment Corporation (DEC) ausgeben.

Digital war früher die Nummer zwei hinter dem Giganten IBM, der auch weiterhin mehr als doppelt so groß wie Compaq/DEC bleibt. Doch Kenneth Olsen, der damalige Chef von DEC, verpaßte in den 80er Jahren den Aufschwung der Personalcomputer. Er hielt sie für Spielzeug, das nie eine kommerzielle Rolle spielen werde. Der DEC-Jahresumsatz stagnierte daraufhin seit 1990 bei 13 bis 14 Milliarden Dollar. Compaq hingegen war eine Gründung von IBM-Ingenieuren, die in Personalcomputern die Zukunft sahen. Unter dem neuen Chef und Ex-Nürnberger Eckhard Pfeiffer stieg der Umsatz verschärft: Während 1990 noch stolz etwa drei Milliarden Dollar gemeldet wurden, lag das Ziel für das Jahr 2000 schon vor dem DEC-Kauf bei 50 Milliarden. Kürzlich meldete Pfeiffer für das Jahr 1997 einen Gewinn von 1,9 Milliarden Dollar bei einem Umsatz von 24,6 Milliarden.

Mit Digital kauft sich Compaq eine bekannte Marke und Know- how auf dem Markt für Großunternehmen aller Branchen. Neben PCs bietet Compaq nun auch größere Computer sowie Software und Beratung für Geschäftsanwendungen an. Dafür hatten sie sich auch schon den Großcomputerhersteller Tandem zugelegt.

Damit ist Compaq nun ein Allround-Konkurrent des bisherigen Spitzenduos der Branche, IBM und Hewlett-Packard. Denn nur auf dem Markt der Unternehmenssoftware ist derzeit noch überdurchschnittliche Rendite zu erreichen. Bei den Personalcomputern ist der Kampf inzwischen sehr hart. Compaq, der „Mercedes unter den PC-Herstellern“, mußte seine Preise ständig senken, um nicht von Billigkonkurrenten verdrängt zu werden. Nur so konnte er einen Marktanteil von zehn Prozent an den 1997 verkauften weltweit rund 80 Millionen PCs halten. Neben den drei Allroundern geben in der Branche noch die beiden Spezialisten den Ton an, die ebenfalls Standards setzen: Microsoft bei der PC- Software und Intel als Fabrikant für die Rechenchips der kleinen Rechner. Und die haben nichts gegen die Fusion, denn Compaq und Microsoft haben eine lange Partnerschaft, und Intel hat Verträge mit Compaq und mit DEC geschlossen. Für „Wintel“ wurde also nur ein alter Verhandlungspartner mächtiger, für IBM und Hewlett- Packard entsteht ein großer Konkurrent. Reiner Metzger