Goebbels' Bunker kein Hindernis

■ Trotz neuer Funde: Mahnmal für Opfer des Holocaust wird gebaut. Die letzte Diskussion?

Berlin (taz) – Trotz der Entdeckung eines mutmaßlichen Goebbels-Bunkers auf dem Gelände des zukünftigen Holocaust-Mahnmales stehen Standort und Baubeginn der Gedenkstätte nicht zur Disposition. „Das Mahnmal ist in keiner Weise gefährdet“, sagte gestern der Landesarchäologe Wilfried Mengin. Auch Berlins Kultursenator Peter Radunski (CDU) ließ das bestätigen.

Die mit den Vorarbeiten auf dem Gelände zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz beschäftigte Deutsche Stadt- und Grundstücksgesellschaft (DSK) hatte den unterirdischen Bunker bereits vor einigen Wochen entdeckt. Die Berliner Behörden erfuhren davon aber erst gestern. Der Bunker liegt nach Angaben von DSK-Bereichsleiter Ralf Ziebell 20 Meter neben der ehemaligen Goebbels-Residenz. In den drei Räumen, die über Jahrzehnte hinweg voller Wasser standen, seien nur zwei aufgebrochene Tresore, verrottete Stahlhelme und Munitionsreste gefunden worden. Denkmalschützer sollen die Funde begutachten und dokumentieren.

Wer über das Mahnmal befindet, blieb unklar

Unabhängig von der Entdeckung des Bunkers machte auch Lea Rosh vom Förderverein für ein Holocaust-Mahnmal am Montag abend unmißverständlich klar: Das Mahnmal werde gebaut, der Baubeginn sei im Januar 1999. Der Standort werde nicht mehr geändert, und das Wichtigste: Einer der vier in die engere Auswahl gekommenen Entwürfe werde definitiv realisiert. Der Verein hatte zu einer Abschlußdiskussion in die Berliner Galerie im Marstall geladen, nachdem sich dort zuvor die KünstlerInnen Jochen Gerz, Daniel Libeskind, Gesine Weinmiller sowie das Duo Peter Eisenman und Richard Serra mit ihren Entwürfen der öffentlichen Diskussion gestellt hatten. Das sollte ein breit gefächertes Meinungsbild schaffen, an dessen Ergebnissen sich die Entscheidungsfinder orientieren können.

Wer letztlich über den endgültigen Entwurf entscheidet, blieb aber weiter unklar. Fest steht lediglich, daß es die drei Auslober sein werden – das Land Berlin, der Bund und der private Förderkreis um die Journalistin Lea Rosh. Der Sprecher des Kultursenators Peter Radunski geht davon aus, „daß die Entscheidung Chefsache“ sein wird: Für den Bund Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), für Berlin dessen Regierender Bürgermeister, Eberhard Diepgen (CDU). Doch beschließen die drei Auslober gleichberechtigt, oder wiegt die Stimme des Kanzlers dann doch mehr? Lea Rosh möchte auf jeden Fall eine gemeinsame Entscheidung: „Wir versuchen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.“ Rosh betonte auch, daß es entgegen anderslautenden Zeitungsberichten falsch sei, daß der Kanzler das Labyrinth mit 4.000 Betonpfeilern von Eisenman/ Serra favorisiere. Beim Kohl-Besuch in der Marstall-Galerie vergangene Woche wurde zwar darüber „am längsten“ dikutiert, so Rosh, aber nur, weil der Entwurf „interessant und kompliziert“ sei. Kohl hatte dem Duo danach empfohlen, seinen Entwurf noch einmal zu überarbeiten. Doch nur deshalb, sagte Moderator Ernst Elitz, weil Eisenman und Serra bisher nicht zur Vegetation und zum Umfeld des Mahnmales Stellung genommen hätten.

Der Historiker Julius Schoeps, Direktor des Moses Mendelsohn- Zentrums in Potsdam, hatte immer wieder dafür plädiert, den Bundestag formal über das Mahnmal abstimmen zu lassen. Auch der Historiker Wolfgang Mommsen forderte, Bundesregierung und Kanzler nicht allein entscheiden zu lassen. Sonst erinnere das Verfahren an den Habitus Bismarcks, sagte Mommsen. Julia Naumann