Der Staatsanwalt im „Fixstern“

Besuch in Fixerstube soll Musterprozeß gegen Gesundheitsräume vorantreiben  ■ Von Elke Spanner

Manchmal verläßt Ulf Gerhardt den Schreibtisch seiner Amtsstube, um juristische Akten mit Bildern aus dem wirklichen Leben anzureichern. Gestern stattete der Staatsanwalt, Hauptabteilungsleiter des Referates Betäubungsmittel und Organisierte Kriminalität, dem „Fixstern“im Schanzenviertel höchstselbst einen Besuch ab. Vor Ort wollte er erkunden, ob es sich um eine „einfache Fixerbude“oder einen „Gesundheitsraum“für DrogenkonsumentInnen handele. Doch so oder so, ein Ergebnis nahm er vorweg: „Ich halte solche Räume für illegal.“Prüfen wolle er allein, ob sich der „Fixstern“als Objekt eines klärenden Musterprozesses eigne, sagte er und verschwand im Inneren.

Zwei Stunden später kam er wieder heraus, diesmal wortkarg. Über die „getroffenen Feststellungen“wolle er sich nun Gedanken machen, konkret: entscheiden, ob gegen einen ausgewählten Mitarbeiter oder den Betreiber des „Fixstern“Anklage wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz erhoben wird. Auf einen solchen Musterprozeß einigte sich die Staatsanwaltschaft im November mit der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) und der für Justiz. Während beide Behörden Fixerstuben nämlich für legal halten, ist die Staatsanwaltschaft anderer Auffassung. Nun wollen sie bis vor den Bundesgerichtshof gehen, auf daß dieser für die streitenden Parteien entscheide.

Ob für dieses klärende Verfahren der „Fixstern“in Frage kommt, hängt für Gerhardt davon ab, ob Junkies dort nur drücken können oder auch medizinisch versorgt werden. Hätten DrogenkonsumentInnen dort nicht mehr als die Möglichkeit, sich einen Schuß zu setzen, würden die MitarbeiterInnen der Einrichtungen ihnen lediglich „Gelegenheit zum Konsum“verschaffen. Und das ist selbst nach Ansicht der Hamburger Justizbehörde strafbar.

Anders sieht es aus, wenn die Einrichtung als „Gesundheitsraum“zu titulieren ist. Im November legte die Justizbehörde ein Gutachten mit diesem Ergebnis vor. Darin hatte sie für die Definition eines „Gesundheitsraumes“einen Kriterienkatalog erstellt. Bedingung ist danach etwa, daß Duschen vorhanden sind, Essen geboten und medizinische Versorgung bereitgestellt wird. Akribisch arbeitete Gerhardt den Katalog gestern Punkt für Punkt im „Fixstern“durch. Nun „muß er sagen, daß es ein Gesundheitsraum ist“, ist der Geschäftsführer des Trägervereins „Freiraum“, Norbert Dworsky, überzeugt. Er hofft, daß der Musterprozeß bald eingeleitet wird.

Bis zur Entscheidung der Karlsruher RichterInnen, darauf verständigte sich noch der ehmalige Justizsenator Wolfgang-Hoffmann-Riem mit der Staatsanwaltschaft, solle diese zwar Ermittlungen gegen die Fixstuben-MitarbeiterInnen aufnehmen können, die Akten jedoch geschlossen halten. Daran fühlt sich Gerhardt aber offenbar nicht mehr gebunden. Im Dezember leitete er Ermittlungen gegen einen „Fixstern“-Mitarbeiter ein. Und gestern betonte er, man müsse „jeden Einzelfall intensiv prüfen. Es kann Fälle geben, in denen ich mich weigern werde, einzustellen“.