„Mečiar ist mit Europa nicht kompatibel“

■ Dušan Kováč, der Berater des slowakischen Präsidenten, setzt auf Proteste gegen die Regierung

taz: In der Slowakei finden heute Präsidentenwahlen statt. Trotz dreier Kandidaten ist so gut wie sicher, daß es keinen neuen Staatschef geben wird.

Dušan Kováč: Das ist genau das, was Ministerpräsident Vladimir Mečiar erreichen will: Die Wahl eines Präsidenten um jeden Preis verhindern. Denn in diesem Fall gehen bestimmte Befugnisse des Präsidenten auf Mečiar über. Dieser Machtzuwachs kommt dem Premierminister aber auch noch aus einem anderen Grund gelegen: Er weiß ganz genau, daß er faire und korrekt durchgeführte Parlamentswahlen im Augenblick nicht gewinnen würde.

Will Mečiar auch die Parlamentswahlen im kommenden Herbst verhindern?

Die Wahlen werden stattfinden, wenn das neue Wahlgesetz durchkommt. Dort ist beispielsweise vorgesehen, daß die Wahlkommission nicht mehr mit Vertretern aller politischen Parteien besetzt wird, sondern nur noch mit Staatsbeamten. Das sind alles Mečiar- Leute. Von fairen Wahlen kann dann nicht mehr die Rede sein.

Welche Rolle spielt die Opposition?

Die Opposition macht viele Fehler. Sie verhält sich immer noch so, als gebe es in der Slowakei eine normal funktionierende, parlamentarische Demokratie. Das aber ist schon längst nicht mehr so. Die Regierung unter Mečiar verletzt ständig die Verfassung und die Gesetze. Das muß die Opposition den Bürgern gegenüber unmißverständlich klarmachen. Und die Bürger müssen begreifen, daß sie nicht mehr passiv bleiben dürfen. Denn in dieser Situation passiv zu bleiben bedeutet, auf die Zukunft der Slowakei zu verzichten.

Denken Sie an Demonstrationen wie in Belgrad?

So weit wie in Belgrad, wo die Menschen wochenlang auf die Straße gegangen sind, sind die Slowaken jetzt wohl noch nicht. Doch die Situation beginnt sich zu ändern. Man darf nicht vergessen, daß die Leute schon sehr verärgert waren, als Mečiar das Referendum über die Direktwahl des Präsidenten verfassungswidrig verhinderte. Wenn es jetzt keinen Präsidenten geben wird und die Wahlen manipuliert werden, könnte das die Menschen zu solchen Aktionen veranlassen.

Wie soll sich der Westen gegenüber der Slowakei verhalten?

Ein Land, in dem die Regierung die Verfassung bricht und Gesetze nicht respektiert werden, kann nicht in europäische Strukturen eingebunden werden. Die Bedingungen dafür hat der Westen eindeutig definiert. Und diese Regierung wird diese Bedingungen nicht erfüllen. Mečiar ist mit Europa nicht kompatibel. Interview: Barbara Oertel