Türkische Gemeinde redet mit sich selbst

Türkische Gemeinde in Deutschland lud zu einer Fachtagung, erhielt dafür staatliche Unterstützungsgelder – und veranstaltete dann einfach ihre Bundesdelegiertenkonferenz. Abkassieren ist kein Einzelfall  ■ Aus Berlin Ali Yildirim

Nicht überall, wo Antirassismus draufsteht, ist auch Antirassismus drin. Mit einer Mogelpackung versuchte die Türkische Gemeinde in Deutschland, ihre erste Bundesdelegiertenkonferenz seit der Gründung im Dezember 1995 mittels öffentlicher Gelder zu finanzieren. Gemeinsam mit der Auslandsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V., die 15.000 Mark der Kosten übernehmen sollte, lud sie für den 23. bis 25. Januar zu der Tagung „Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Gewalt – Ursachen, Auswirkungen und Gefahren“ in das Arbeitnehmerzentrum Königswinter ein.

Neben Vorträgen des außenpolitischen Sprechers der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers, sowie des nordrhein-westfälischen Arbeits- und Sozialministers Axel Horstmann standen mehrere Arbeitsgruppen auf dem Programm. Eines der Themen: „Türkische Jugendliche und Gegenwehr gegen Rassismus und Türkenfeindlichkeit“. Kein Interessierter aus dem angesprochenen Teilnehmerkreis – Journalisten, Politiker und andere Multiplikatoren – meldete sich nach Auskunft des Fachbereichsleiters für internationale Politik, Martin Loberg, bei der Auslandsgesellschaft. Erfolgreicher mobilisierte die Türkische Gemeinde. 124 Delegierte der 13 Mitgliedsorganisationen mit über 150 Vereinen aus der ganzen Republik reisten an. Sie folgten damit einem türkischsprachigen Rundschreiben vom 21. Dezember 1997, in dem der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Hakki Keskin, nicht zum Seminar eingeladen hatte, sondern ganz unverblümt zur eigenen Bundesdelegiertenkonferenz.

Hakki Keskin, der am 25. Januar von den „Seminar“-Teilnehmern in seinem Amt bestätigte Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde, streitet den Versuch der Veruntreuung öffentlicher Gelder ab. „Die Bundesdelegiertenkonferenz sollte nur am Rande des Seminars stattfinden. Dikussion und Wahl des Bundesvorsitzenden, seiner Stellvertreter, des Pressesprechers und des vierzehnköpfigen Bundesvorstandes hat aber dann überraschenderweise mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen.“ Diese Erklärung Keskins steht allerdings im Widerspruch zu seiner Einladung vom 21. Dezember. Darin waren für die Referate von Lamers und Horstmann und Grußworten unter anderem des türkischen Botschafters in Bonn, Volkan Vural, gerade vier Stunden vorgesehen. Der Rest der drei Tage war für die Vereinsgeschäfte vorgesehen – in türkischer Sprache.

Die Türkische Gemeinde hat Glück im Unglück. Bislang hatte sie noch keine Chance, Geld zu veruntreuen. Nachdem die Auslandsgesellschaft Nordrhein- Westfalen durch Nachfrage der Presse von der Mogelpackung erfahren hatte, zog sie am vergangenen Montag die zugesagte Finanzierung in Höhe von 15.000 Mark zurück. Gestern dann machte sie auch noch die bereits in Aussicht gestellte Mitfinanzierung eines Seminars zum Thema „Die gesellschaftliche Funktion des Rassismus“ rückgängig. Der Ort des Seminars: Extertal. Der Zeitpunkt: 6. bis 8. Februar. Das nächste Treffen des Bundesvorstandes der Türkischen Gemeinde findet just an diesen Tagen am gleichen Ort statt. Kommentar Seite 12