Papon-Prozeß stockt

■ Anwalt Klarsfeld hält Richter im Prozeß gegen NS-Kollaborateur Papon für befangen

Bordeaux (AFP) – Im Prozeß gegen den französischen Nazi-Kollaborateur Maurice Papon sind Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Vorsitzenden Richters aufgekommen. Anwalt Arno Klarsfeld behauptete am Mittwoch abend vor dem Schwurgericht Bordeaux, daß entfernte Verwandte von Richter Jean-Louis Castagnede im NS-Vernichtungslager Auschwitz getötet wurden. Die jüdische Frau eines Onkels sei 1943 der Judenverfolgung in Bordeaux entgangen, habe aber Eltern und zwei Schwestern in Auschwitz verloren. Der ehemalige Haushaltsminister Papon steht seit Oktober wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, als Generalsekretär der Präfektur von Bordeaux während der deutschen Besatzungszeit für die Deportation von mehr als 1.500 Juden verantwortlich gewesen zu sein.

Der Prozeß kommt wegen der angegriffenen Gesundheit des 87jährigen Angeklagten nur langsam voran. Ursprünglich sollte das Urteil bereits zu Weihnachten fallen, mittlerweile wird damit frühestens Ende März gerechnet. Trotz einer möglichen Befangenheit will die Verteidigung offenbar nicht die Ablösung des Richters fordern. Castagnede selbst gab an, nichts über seine Tante gewußt zu haben und nicht einmal ihren Namen zu kennen. Er habe als Kind seinen Vater verloren und danach keinen Kontakt mehr zu dessen Familie gehabt.

Klarsfeld ist in dem Prozeß einer der Anwälte der Nebenklage. Scharfe Kritik kam von einigen seiner Kollegen, die ihm Verantwortungslosigkeit vorwarfen. „Man kann sich fragen, ob die Klarsfelds es nicht vorziehen, den Prozeß platzen zu lassen, weil sie sehen, daß ihnen ihre Strategie entgleitet“, sagte einer der Anwälte, Alain Levy.