Mogelei mit Süssmuth

■ Wie die „Bild“-Zeitung Rita Süssmuth die Abtreibungspille fordern ließ und Hektik auslöste

Berlin (taz) – Die Aufmachung in der Bild klang vielversprechend. In der Feitagausgabe von Deutschlands größter Boulevardzeitung forderte Rita Süssmuth, Katholikin, Bundestagspräsidentin und Christdemokratin, den Verkauf der in Frankreich erlaubten Abtreibungspille RU 486. Die Nachrichtenagenturen stiegen ein, denn Bild hatte großspurig angekündigt: „Der Papst-Brief zur Schwangerschaftsberatung – jetzt eine neue Diskussion um die Abtreibungspille RU 486!“ Da schlugen die Journalistenherzen höher, auch in der taz. Süssmuth provoziert die Bischöfe! Was für eine Schlagzeile!

Doch daraus wurde nichts. Bild hatte schlichtweg gemogelt. Wie der Leiter von Süssmuths Bonner Büro, Thomas Läufer, erklärte, seien zwei Äußerungen der Ministerin von 1991 und 1993 einfach zusammengestellt worden. „Mit der Frau Präsidentin hat die Bild- Zeitung nicht geredet“, erklärte Läufer. In „unzuverlässiger Art und Weise“ seien ihre Äußerungen mit der jüngsten Entscheidung des Papstes in Zusammenhang gebracht worden.

Hektik brach im Büro der Deutschen Bischofskonferenz aus. Dessen Sprecher Rudolf Hammerschmidt hatte sich gegenüber der taz zu Süssmuth geäußert. Kaum erfuhr er durch Süssmuths Büro von der Bild-Ente, folgte der Rückzieher: „Die Zitate sind nicht verwendungsfähig.“ Bleibt noch die Frage, ob Süssmuth von ihrer früheren Position abgerückt ist? „Was Frau Präsidentin zur Abtreibungspille gesagt hat, hat sie gesagt“, erklärt Läufer. Da der französische Konzern aber vom Verkauf der Pille in Deutschland abgesehen habe, sei das „kein Thema“. Severin Weiland