Das Portrait
: Shells neuer Hoffnungsträger

■ Fritz Vahrenholt

Vor Jahren hat ihn die Industrie angespuckt. Ab morgen ist er einer ihrer obersten Repräsentanten. Fritz Vahrenholt (47), Hamburgs früherer Umweltsenator, wechselt in den Vorstand der Deutschen Shell. Dort ist er nicht nur für Chemie und Umwelt zuständig, sondern auch für Öffentlichkeitsarbeit und damit für das Imageproblem jenes Konzerns, dessen hübsche Tankstellen vom Mehltau der Brent Spar und der Ermordung Ken Saro Wiwas überzogen sind.

Vahrenholt gehört zu den 68ern. Die Industrie lehnte ihn als Linken ab, da ging er zum Umweltbundesamt (UBA). Nach der Dioxin-katastrophe in Seveso 1976 hatte er seine beste Zeit. Er schrieb mit Egmont Koch den Klassiker „Seveso ist überall“. Die Giftindustrie verließ den Saal, sobald Vahrenholt ihn betrat. Als Chemiereferent des UBA trieb er viele Umweltgesetze voran, bevor er 1981 ins hessische Innenministerium wechselte. Das hatte ebenfalls ein Imageproblem, einen bunten Main, bäuchlings schwimmende Fischlein und jede Menge leckender Chemieanlagen.

Drei Jahre später holte ihn der damalige Bürgermeister Dohnanyi nach Hamburg. Ab 1992 kämpfte er als Umweltsenator für Müllverbrennung und den Ausstieg aus der Skandal-Deponie Schönberg. Boerhinger wurde geschlossen, die Norddeutsche Affinerie saniert, Strom aus Norwegen importiert.

In den 90er Jahren sorgte der erfolgreiche Umweltmann für Irritationen. Er kämpfte für den Transrapid und die Gentechnik, gegen den Mißbrauch von Sozialhilfe und für Arbeitseinsätze ihrer Empfänger. Am Ende verkündete der als eitel und arrogant geltende, aber in hohem Maße sachverständige Umweltexperte den Abschied von der alten Umweltpolitik, deren Aufgaben gelöst seien. Doch der Abschied aus der Politik erfolgte nicht nur aus intellektuellem Kalkül, er war unvermeidbar. Vahrenholt hatte in Hamburg als Kandidat der Parteirechten Bürgermeister werden wollen. Damit landete er auf der Nase.

Sein Neuanfang fällt in eine spannende Zeit. Shell will in Gelsenkirchen eine Solarfabrik bauen und verstärkt auf erneuerbare Energien setzen. Vahrenholt: „Das Unternehmen muß für Zukunftsfähigkeit und soziales Engagement stehen. Deshalb braucht es ein Topumweltmanagement.“ Also einen wie ihn. Hans Watzlawik