Nachgefragt
: Pflichtarbeit ist „in“

■ Beschäftigungsträger und Arbeitslose haben gemeinsame Gegner

Neben den bewährten BSHG-19-Stellen, in denen Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger befristet beschäftigt und qualifiziert werden, wird in Bremen mit dem „Programm U 27“eine Arbeitspflicht für Menschen unter 27 Jahren eingeführt. Arbeitslosenaktivisten attackieren jetzt auch die SozialpädagogInnen in den Beschäftigungsträgern, die angeblich ihre „Zwangsarbeit“verwalten (taz vom 30.1.). Wir fragten Katja Barloschky, Geschäftsführerin des Verbandes Bremer Beschäftigungsträger.

taz: Werden die Träger die Beschäftigung von Zwangszugewiesenen verweigern?

Katja Barloschky: Wir befinden uns mit der Frage „Pflichtarbeit“im Verband mitten in der Debatte.

Aber Arbeitslose haben den Eindruck, die Träger halten mit Zwangszugewiesenen ihre Projekte am laufen.

Davon kann überhaupt nicht die Rede sein. Ich weiß, daß sehr viele unserer Mitgliedsorganisationen sehr grundsätzliche und auch fachliche Bedenken haben gegen die Einführung der Pflichtarbeit.

Welche sind das?

Die Frage ist, ob es denn durch die Einführung der Pflichtarbeit einen arbeitsmarktpolitischen Nutzen gibt. Oder ob sie nur zur weiteren Stigmatisierung von Arbeitslosen und SozialhilfeempfängerInnen beiträgt.

Man muß die Leute gar nicht zu ihrem Glück zwingen?

Fakt ist, daß beim Programm „Hilfen zur Arbeit“viele Menschen, die arbeiten wollen, keine Verträge kriegen, weil keine Plätze mehr da sind. Es ist aber in der Politik en vogue, Pflichtarbeit als neues Heilmittel in der Arbeitsmarktpolitik zu sehen.

Kann Zwang etwas bringen?

Bei Zwang wird es schwieriger, einen gemeinsamen Weg in reguläre Beschäftigung zu finden, sich mit Lebensplanungauseinanderzusetzen. Es gibt aber auch Träger, die diskutieren mit Blick auf jugendliche Arbeitslose, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Da gibt es bei nicht wenigen Jugendlichen ausgereifte Techniken des Sich-Entziehens. Das ist eine pädagogische Debatte.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Sozialpädagogen schickten Arbeitslose für wenig Stütze herum und verdienten selbst das dicke Geld?

Die Beschäftigten werden nach einem Tarifvertrag bezahlt – genauso wie viele SozialpädagogInnen, die oft genauso gefördert bei den Trägern arbeiten. Wir haben mit einer ganz anderen Front zu kämpfen. Politik stellt in Frage, ob in Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen Hilfestellungen, von der Schuldnerberatung bis zum Bewerbungsschreiben, überhaupt nötig seien. An dieser Frage sollten Erwerbslose und Träger in einer Linie stehen.

Fragen: J. Fahrun