Grüne müssen für Poppe geradestehen

■ Der Bundestagsabgeordnete Gerd Poppe weigert sich, einen Teil der Diäten an die Bundespartei abzuführen. Nun muß der Landesverband die ausstehenden 69.000 Mark an die Bundesgrünen zahlen

Der Berliner Bundestagsabgeordnete Gerd Poppe (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich bei Parteifreunden nicht nur wegen seiner politischen Überzeugungen unbeliebt gemacht, sondern auch wegen seines Finanzgebarens gegenüber der Partei. Poppe weigert sich, entsprechend einem Beschluß der Bundesdelegiertenkonferenz von seinen 11.825 Mark Diäten monatlich 2.500 Mark an den Bundesverband abzuführen. Geradestehen muß nun der Landesverband, der den ausstehenden Betrag von 69.000 Mark an die Bundesgrünen überweisen muß. Dies ist die seit Poppes Einzug in den Bundestag 1994 aufgelaufene Summe.

Die West-Tradition stoße vor allem bei Ost-Politikern auf Unverständnis, stellt der Berliner Schatzmeister Werner Hirschmüller fest. Es fehle das Bewußtsein, den Job letztlich der Partei zu verdanken. „Riesige Empörung“ an der Basis hat Hirschmüller ausgemacht. Die Delegierten des Landesausschusses – des höchsten Gremiums zwischen den Parteitagen – verdonnerten den Schatzmeister dazu, Poppe im Haushaltsbericht namentlich zu nennen. Poppes Fraktionskolleginnen Andrea Fischer und Franziska Eichstädt-Bohlig haben dagegen den vollen Betrag abgeführt.

Gerd Poppe nannte gestern die finanziellen Belastungen durch seine Scheidung als Grund dafür, daß er nicht zahlen konnte. Zugleich bezeichnete er jedoch die grüne Spendenregelung als „höchst fragwürdig“. Poppe sprach von „überzogenen Spendenwünschen“, auf die die Partei keinen Rechtsanspruch habe. Die Abgabe werde als „finanzielles Druckmittel gegenüber dem frei gewählten Abgeordneten“ eingesetzt. So werden diese bei ihrer Nominierung stets gefragt, ob sie sich an die Spendenregelung halten werden.

Auch Parteienforscher haben solche Abgaben von Abgeordneten als indirekte Parteienfinanzierung kritisiert. Doch gerade die Grünen sind wegen des vergleichsweise geringen Spendenaufkommens auf die Zahlungen ihrer Mandatsträger angewiesen. Allein die 30köpfige Abgeordnetenhausfraktion führt jährlich 345.000 Mark an den Landesverband ab. Von ihren Diäten (4.900 Mark brutto vor Steuern, ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld; plus Aufwandsentschädigung von 1.400 Mark) gehen monatlich 1.500 Mark an die Partei. Auch die grünen StadträtInnen und BürgermeisterInnen verzichten auf einen Teil ihres Gehalts; im Schnitt sind es 2.500 Mark im Monat. So spendete die Bürgermeisterin von Schöneberg, Elisabeth Ziemer, im vergangenen Jahr 28.800 Mark. Die Schöneberger Jugendstadträtin Ulrike Herpich überwies 32.000 Mark und der Kreuzberger Bürgermeister Franz Schulz 37.500 Mark.

Richtig hart trifft es dagegen die ehrenamtlichen Bezirksverordneten, die ihre spärliche Aufwandsentschädigung von 410 Mark monatlich an die Partei abtreten sollen. Vor allem in den östlichen Bezirken sehen viele dies nicht ein.

Der durch Poppe verursachte Fehlbetrag ist zwar bei einem Zwei-Millionen-Jahresbudget der Berliner Grünen zu verschmerzen. Er muß allerdings aus dem Etat für Öffentlichkeitsarbeit beglichen werden. Dorothee Winden