Die deutschen Börsen boomen im Jahr des Tigers

■ Dax auf Rekordhoch, getrieben von der Pharmafusion. Auch die Börsen Asiens erholen sich

Berlin (taz) – An den deutschen Börsen herrscht wieder Rekordstimmung. Nachdem der Dax bereits am Freitag einen Höchststand erreicht hatte, kletterte er gestern noch weiter auf 4.522,81 Punkte. Das ist deutlich über dem bisherigen Höchststand vom letzten Juli, als er fast 4.439 Punkte betrug. Bis Ende Oktober war der Index dann bis auf 3.567 Punkte abgestürzt.

Totgesagte leben offenbar doch länger. Nach dem Oktober-Crash hatten Analysten dem Dax kein glorreiches Jahr 1998 prophezeit. Damals hatten diverse asiatische Staaten anfangen müssen, ihre Währungen abzuwerten, und damit Sorgen bei den Anlegern weltweit ausgelöst.

Aber jetzt zeigt sich, daß die Krise in Ostasien den deutschen Börsen eher nützt. Denn weil Anleger nun einen großen Bogen um die ganze Region machen, fließt eine riesige Menge Kapital in relativ sichere Länder wie eben die Bundesrepublik. Erst gestern hatte die Weltbank eine Einschätzung abgegeben, wonach Deutschland von der Krise nicht betroffen sei. Der gestrige Boom an der Frankfurter Börse hatte jedoch eine weitere Ursache, nämlich die Fusion der britischen Pharmafirmen Glaxo Wellcome und SmithKline Beecham. Diese löste ein freudiges Spekulationsfieber aus: Welche deutsche Pharmafirma wird nächster Übernahmekandidat? Denn eine Fusion bedeutet in der Regel auch einen satten Kurssprung der Aktien der beteiligten Firmen. Und im Vergleich zu den internationalen Giganten der Branche sind die deutschen Pharmafirmen eher kleine Fische mit vergleichsweise niedrig bewerteten Aktienkursen. Während gestern der Dax insgesamt um 1,86 Prozent stieg, kletterte der Kurs der Hoechst- Aktie um 7,7 Prozent, Bayer steigerte sich um 7,5 und Schering um fast sechs Prozent.

Günstig für den Dax ist außerdem der steigende Dollarkurs, der die Chancen der deutschen Exportindustrie steigen läßt. Und daß sich im gerade begonnenen „Jahr des Tigers“ jetzt auch in Asien die Lage wieder zu entspannen scheint, hebt die Laune weiter.

Nach den Feiertagen zum chinesischen Neujahrsfest legten die asiatischen Börsen, angeführt von Hongkong, Gewinne bis zu 15 Prozent hin. Die erfolreiche Umschuldung der koreanischen Auslandsschulden letzte Woche und die Beruhigung in Indonesien trugen zum Stimmungswandel bei.

Dies könnte allerdings auf Deutschland zurückschlagen. Denn wenn sich die Lage stabilisiert, warum sollten Anleger dann nicht in die jetzt stark unterbewerteten asiatischen Papiere statt in deutsche Aktien investieren? Die heimischen Analysten jedenfalls dämpfen allzu euphorische Erwartungen. Nicola Liebert