„No Cigars“beim Eurofighter

■ Große Anfrage der CDU: Wie wichtig ist die Rüstungsindustrie für Bremen? / Konversionsexperte befürchtet Verdrängungseffekt

Wie wichtig ist die Wehrtechnik für Bremen? Das wollte die CDU vom Senat wissen und brachte mit einer Großen Anfrage Bürgermeister Henning Scherf (SPD) in Bedrängnis: Scherf hatte sich in der Vergangenheit die Umwandlung von Rüstungs- in zivile Unternehmen auf die Fahnen geschrieben und ist Mitbegründer der Bremischen Stiftung für Frieden und Abrüstung. Daß die Rüstungsindustrie für Bremen wichtig ist, wird er kaum gerne zugeben. Gestern sollte der Senat beraten – der Tagesordnungspunkt wurde aber vertagt.

Neun Firmen wurden als Datengrundlage für die Antwort auf die Anfrage interviewt. Bringt Rüstungsindustrie Arbeitsplätze für Bremen? wollte die CDU wisssen. Und lieferte die Antworten in den Formulierungen schon mit: „Die wehrtechnische Industrie garantiert nicht nur sicherheitspolitisch begründete Kernfähigkeiten, sondern sichert auch den Know-How-Transfer für zivile Bereiche“, heißt es bereits in der Einleitung.

1997 arbeiteten 8.700 Menschen in den wehrtechnischen Betrieben, antwortete der Senat, 3.200 davon waren laut Bericht unmittelbar mit wehrtechnischen Aufgaben beschäftigt. Damit setze sich ein Trend zur Verkleinerung der Rüstungsbetriebe fort, der seit 1990 in Bremen zu beobachten ist: Seit damals verloren die befragten Betriebe rund 2.100 Arbeitsplätze.

Allerdings, so der Bericht, habe der wehrtechnische Sektor der bremischen Industrie im Gegensatz zum Bundestrend einen „Bedeutungszuwachs“verzeichnet: 1970 machte er 8,4 Prozent aller Arbeitsplätze der Industrie in Bremen aus, 1997 schon 9,9 Prozent.

Der Bremer Konversionsbeauftragte und Rüstungsexperte Wolfram Elsner kritisiert die Studie: Die Datenlage von drei Befragungen, die er selbst seit 1989 durchgeführt hat, sei nicht berücksichtigt worden. Außerdem lägen zwei der neun befragten Betriebe in Niedersachsen. Auch den „Bedeutungszuwachs“könne er nicht erkennen. Vermuteter Grund für den höheren Anteil der Wertechnik an der Industrie: Die Wehrtechnik schrumpft einfach nur langsamer als andere Industriezweige.

Die CDU wollte vom Senat auch wissen, welche Bedeutung der Bau des Eurofighters 2000 für die Bremer hat. 170 Arbeitsplätze, so die Antwort, seien über Jahre hinweg direkt mit dem neuen Kampfjet verbunden – 60 im Entwicklungsbereich, 90 in der Produktion und 20 in der Verwaltung. Die Bremer Zulieferindustrie werde „in einem eher geringen Umfang“von dem Bau des Flugzeugs profitieren. Und auch in Zukunft habe „der Euro- fighter keine direkten Auswirkungen auf weitere mögliche Projekte des Militär- und Zivilflugzeugbaus am Standort Bremen“. Rüstungsexperte Elsner kritisiert, daß trotz der – für Rüstungslobbyisten wenig optimistischen – Antwort des Senats der Verdrängungseffekt des Eurofighters nicht genug berücksichtigt worden sei. Denn die enormen Summen, die nun für das Flugzeug ausgegeben würden, verhinderten neue Aufträge in anderen Bereichen – auch in Bremen. Vor allem Firmen im süddeutschen Raum, da ist sich Elsner ziemlich sicher, werden von dem neuen Flugzeug profitieren.

Hinter der Anfrage, so fürchtet er, steckt der Versuch der CDU, den „strukturpolitischen Konsens in der Rüstungspolitik aufzuheben“. Bislang habe Übereinstimmung geherrscht, daß die Militärbauer langfristig auf zivile Produkte umsteigen sollten. Und auch der rüstungspolitische Experte der Bremer Grünen, Manfred Schramm, glaubt, daß die CDU mit ihrer Anfrage vor allem „von den Mängeln ihrer eigenen Wirtschaftspolitik ablenken“will. Christoph Dowe