Unterwegs in nur einer Mission

■ Das Rosarote sehr gerafft im vierten "Melodram" der ARD-Reihe. Horst Buchholz gibt einen Medienboß mit junger Freundin, doch ohne Happy-End ("Der kleine Unterschied", 20.15 Uhr, ARD)

Ist das nicht schreiend ungerecht? Ein arrivierter älterer Herr und bei den Damen immer noch erfolgreicher Medienstar tauscht seine langjährige nachsichtige Gemahlin, Kinder, Enkel und die noble Hütte gegen eine quietschejunge Jungschauspielerin – und dann kein richtiges Happy-End?

Geschichten wie diese pflegen doch sogar gut auszugehen, wenn sie die arrivierten Herrn im richtigen Leben schreiben. Oder so, wie ein Blick in die höheren Etagen wohlbekannter Häuser einer Medienmetropole – sagen wir mal: namens Hamburg – zeigt, wo einem auf Anhieb mindestens ein Halbdutzend derartiger Alte-Männer- Lovestorys einfallen (auf die in vielen kleinen Details auch angespielt wird).

Die Drehbuchautorin Bettina Heyne (40), die ihre einschlägigen Meriten bei Bauer-Blättern, bei Elle und der Bunten erwarb, hatte für ihren Filmhelden, den betagten Publizistikpapst Wolf Perl alias Horst Buchholz, das späte Liebesglück auch ungetrübt vorgesehen.

Doch was macht dieser Querkopf von Regisseur? Thomas Bohn (39), für etliche seiner Werbespots in Cannes mit Silber- und Gold bedacht und für drei seiner Fernsehfilme zum Grimme-Preis nominiert, mußte da unbedingt dran drehen. Bohn geizt nach Möglichkeit mit der Himbeersoße. Das Rosarote rafft er in ein paar Bilderbögen ohne Worte. Komponist Hans Franek darf dabei zwar voll in die Kiste greifen. Ansonsten aber geht es zeitgemäß cool zu, insbesondere zwischen dem ungleichen Paar. Das junge Mädchen (Floriane Daniel) erweist sich als eine starke Person [wäre dann wohl doch eher eine junge Frau? d.sin]. Dialoge und Figuren sind nicht ohne Selbstironie, auch wenn die gesellschaftliche Ächtung der „Mesaillance“ nicht besonders glaubwürdig scheint.

Vor Journalistikstudenten spricht der Professor anfangs den Merksatz: „Die Welt ist voller Blender, Wichtigtuer, Marktschreier, unterwegs in nur einer Mission – ihrer eigenen.“ Und das macht Bohn mit seiner werbegeschulten Ästhetik dann auch zum Thema. Über „pubertierende Greise“ (Filmzitat) ein wenig „Nachdenklichkeit befördern“ (Bohn) will er.

Das trug ihm schon am Set längere Diskussionen ein, bei der Vorpremiere dann öffentliches Lob von Gila von Weitershausen (54, Darstellerin der betrogenen Ehefrau). Und von dem 65jährigen Kinostar Buchholz überraschend eine Privatvorstellung: Buchholz weinte, wie der alte Wolf im Film, tief ergriffen über sich selbst und felsenfest überzeugt, am Ende der Geschichte „der einzige Verlierer“ zu sein. „Das ging an die Substanz“, soll aber mit männlichem Selbstmitleid ganz und gar nichts zu tun haben. Was also ist in diesem Fall der „kleine Unterschied“? Wenn alte Wölfe wegen Frauen heulen müssen statt umgekehrt. Ist doch ungerecht, oder? Ullas Küspert