Uni-Gesetz steht auf der Kippe

■ Am Streit um Studiengebühren droht die gesetzliche Grundlage einer großen Universitätsreform zu scheitern. Bundesrat zuständig?

Berlin (taz) – Die Freude der Frauen kam zu früh. Zwar wird die Frauenförderung als wichtige Aufgabe der Universitäten ins neue Hochschulrahmengesetz (HRG) aufgenommen. Darauf haben sich CDU, FDP und SPD geeinigt. Aber ob das HRG überhaupt die parlamentarischen Hürden nehmen wird, ist offener denn je. Heute berät der Bundestagsausschuß für Bildung und Wissenschaft letztmalig den HRG- Entwurf. Und der Streit über Studiengebühren bringt die lange diskutierte gesetzliche Grundlage für die von allen Seiten geforderte Hochschulreform ins Wanken.

Die SPD möchte den Impuls der Studentenproteste vom Ende letzten Jahres wenigstens an einer Stelle umgesetzt sehen: Studiengebühren sollen per Gesetz bundesweit verboten werden. Dafür sind Bündnisgrüne, PDS und selbst Teile der Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP – zum Beispiel Bildungsminister Jürgen Rüttgers. Doch ein gesetzliches Verbot lassen die Fraktionsspitzen der Kohl-Regierung nicht zu. Die SPD will deswegen das Rahmengesetz für die rund 300 Hochschulen in der Bundesrepublik als ganzes scheitern lassen.

„Es ist ärgerlich, wenn der Bildungsminister und andere in Reden Studiengebühren mit starken Worten ablehnen, gleichzeitig aber nicht bereit sind, das auch ins Gesetz zu schreiben“, sagte Edelgard Bulmahn (SPD). Die hochschulpolitische Sprecherin der SPD und ihre Parteifreunde können das HRG allerdings im Bundestag nicht stoppen. Dazu brauchen sie ihre SPD-Kollegen aus den Bundesländern. Jürgen Zöllner, rheinland-pfälzischer Wissenschaftsminister und sozialdemokratischer Verhandlungsführer, sagte der taz, zunächst sei der Bundestag an der Reihe.

Das Problem von Zöllner und der SPD: Die Bundesregierung ist der Meinung, daß der Bundesrat gar keine Mitsprache hat in der Frage, die während der Studentenproteste vier Wochen lang bundesweit erörtert wurde: die Reform der maroden Hochschulen mit der längst fälligen Novellierung des Rahmengesetzes einzuleiten. Die SPD fühlt sich düpiert. Immerhin hatten Jürgen Zöllner und Jürgen Rüttgers wochenlang um einen konsensfähigen HRG-Entwurf gerungen. Als schließlich ein Ergebnis vorlag, erklärte Rüttgers den Entwurf kurzerhand als nicht zustimmungspflichtig. Ein unabhängiges Gutachten bestätigt nun die SPD-Linie, daß auch der Bundesrat mitbestimmen muß. Manko: Gutachter Hans-Uwe Erichsen von der Uni Münster war bis vor kurzem Vorsitzender der Rektorenkonferenz, gilt also in der Regierungskoalition nicht gerade als unabhängig.

Der Streit über Studiengebühren und Mitsprache des Bundesrats hat die Inhalte des HRG völlig in den Hintergrund treten lassen. Der Entwurf führt unter anderem neue Studienabschlüsse wie Bachelor und Master ein; er stärkt die Leitungsfunktion der Dekane und Präsidenten in den Hochschulen ganz erheblich; und er beschränkt die Studienzeit strikt auf maximal neun Semester. Die Bündnisgrünen kritisieren den Rüttgers-Zöllner-Entwurf als unzureichend.

„Rüttgers will die Gruppenuniversität auf den Müllhaufen der Geschichte werfen“, moniert der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Berninger, die gesteigerten Machtbefugnisse der „starken Dekane“. In Berningers Augen sollten sich die Selbstverwaltungsorgane, in denen die Professoren bislang die absolute Mehrheit besitzen, besser auf grundsätzliche Angelegenheiten beschränken – das relativiere die eingeschränkten Mitspracherechte der Studierenden.

„Die deutschen Master werden kleine Meister bleiben – weil sie international nicht anerkannt werden“, übte Berninger auch an der widersprüchlichen Weltläufigkeit des neuen HRG Kritik. Der Master werde international nämlich nur bei einer Studienzeit von fünf Jahren akzeptiert. Studiert werden aber dürfte hierzulande nur noch viereinhalb Jahre. Christian Füller