Siemens schafft Tausende Arbeitnehmer zweiter Klasse

■ Elektrokonzern will bis zu 30.000 Beschäftigte ausgliedern, um sie nicht nach Metalltarif bezahlen zu müssen

Berlin/München (taz/dpa) – Siemens will offenbar ausnutzen, daß es Arbeiter erster und solche zweiter Klasse gibt. Der Elektrokonzern plant, 20.000 im technischen Dienstleistungsgeschäft beschäftigte Mitarbeiter in Tochterfirmen auszugliedern. Diese Mitarbeiter würden dann nicht mehr nach Metalltarifvertrag bezahlt, sondern nach dem wesentlich niedrigeren Tarif des Elektrohandwerks.

Die IG Metall schätzt, daß die ausgelagerten Mitarbeiter mindestens 20 Prozent weniger verdienen würden und dafür eine um zwei Stunden längere Arbeitszeit hinnehmen müßten. Außerdem befürchtet die Gewerkschaft, daß 30.000 Leute betroffen seien, gut 15 Prozent der Siemens- Belegschaft in Deutschland.

Siemens begründet seine Absicht mit der zumeist mittelständischen Konkurrenz im Dienstleistungsgeschäft. Darunter fallen etwa Gebäudetechnik oder private Kommunikationssysteme. „Wir müssen unbedingt die Kosten senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, erklärt ein Siemens-Sprecher. Denn der Kostenvorteil der kleineren Firmen, die, wenn überhaupt, nur nach Handwerkstarif zahlen, sei einfach zu groß. Damit nützt Siemens aus, daß im Handwerk der gewerkschaftliche Organisationsgrad ausgesprochen niedrig ist. Zwar handelt auch hier die IG Metall die Tarife aus. Aber „unsere Durchsetzungskraft dort ist gering“, bedauert eine IG-Metall-Sprecherin.

Ab heute verhandeln Siemens und IG Metall über die geforderten Zusatztarifverträge für die auszugliedernden Mitarbeiter. Die Gewerkschaft stellt sich auf harte Verhandlungsrunden ein. lieb