Eine Rose ist eine Rose ist zwei Rosen

■ Shakespeare Company inszeniert „Die Welt ist rund“nach Gertrude Stein

Rose hätte sicherlich ihre Freude gehabt an Lou Simards skuriler Erfindung. Ein Kreisel, groß wie ein Baum und rund wie die Welt, schaukelt und wandert über die Bühne der Shakespeare Company. Und wenn man auf den Kreisel springt, in vier Schritten um diese Welt geht und schnell im Kreis läuft – was Rose, hätte sie die Gelegenheit dazu, sicherlich tun würde – ertönt Musik. Schräg, schön, eigen. Weltmusik.

Die kleine Rose steht im Mittelpunkt des neuen Shakespeare Company-Stücks „Die Welt ist rund“, das am Freitag Premiere hat. Rose, ein Geschöpf der US-amerikanischen Schriftstellerin Gertrude Stein, ist ein neunjähriges Mädchen, das sich über die Welt wundert. Sonne, Mond und Erde, warum sind sie alle rund? Und weshalb steht die Weltkugel partout nicht still, sondern dreht sich und dreht sich und dreht sich?

Der knapp 100seitige Text der Stein hat es der Kanadierin Simard, die seit zweieinhalb Jahren als Musikerin und Schauspielrin für die Company arbeitet, schon vor Jahren angetan. „Ich war begeistert von der Musikalität der Sprache, vom spielerischen Umgang mit Worten und Klangbildern.“Mit einem befreundeten Instrumentenbauer schuf sie in Kanada ein Instrument, das ermöglichen sollte, diesen an sich nicht für das Theater geschriebenen Text auf die Bühne bringen zu können. „Vor allem lag mir daran, die normalen Bewegungen eines Schauspielers in Musik umsetzen zu können. Bewegung ist Musik: Wie in Steins Text!“

So entstand die Idee des begehbaren Holzkreisels, dessen bewegliche Oberfläche zugleich repetitative Klänge erzeugt, die dem Rhythmus des stark mit Wiederholungen arbeitenden Steinschen Sprachspiels abbilden. Zwölf Holzkästen, über die Simard jeweils fünf Klaviersaiten gespannt hat, erzeugen die Musik. 200 Löcher in der Kreiseloberfläche, durch die Stäbe gesteckt werden können, verbreitern das Klang-spektrum. Dieses gigantische Instrument mit einem Durchmesser von fast drei Metern steht nun am Leibnizplatz und ist zugleich das Bühnenbild der Inszenierung.

Aber Rose, verkörpert von Simard selbst, ist nicht allein auf ihrem schwankenden Plateau. Eine exzentrische alte Dame namens Rose (!), gespielt von Katja Hensel, versucht, der kleinen Rose die Geheimnisse der Welt zu erklären und lädt sie ein zu einer langen Reise hin zum Wipfel eines hohen Bergs. Rose und Rose: Eine Konstellation, die geradezu nach Identitätskrisen ruft.

Der kanadische Regisseur Jacques Lessard, der „Die Welt ist rund“inszeniert hat, arbeitet in Québec mit dem Ensemble „Circuit Temporaire“regelmäßig an der Schnittstelle zwischen den diversen Künsten. „Mich reizt am Theater generell, daß es in der Lage ist, alle anderen Künste wie Musik oder Malerei für die Bühne übersetzen zu können.“Dabei erlaubt er sich einen sehr freien Umgang mit dem Text. Nur zwei Drittel des Steinschen Buches finden Verwendung, viele „Nebenfiguren“hat er weggelassen und dafür mit der alten Rose eine neue Person erfunden.

„Wir haben die Hauptrolle verdoppelt, weil der Text von Stein das durchaus nahe legt und weil dadurch größere dramaturgische Freiräume eröffnet werden.“Lessard verspricht „ein 75minütiges Spektakel, das versucht, eine Geschichte zu erzählen, die man tatsächlich in relativ konventioneller Weise verstehen kann.“Was Gertrude Stein mit ihren Texten nicht unbedingt erreichen wollte. zott

Premiere: 6. Februar, 19.30 Uhr, Theater am Leibnizplatz