Analyse
: Special Relationship

■ Bill Clintons Sonderbeziehungen: Jetzt empfängt er Tony Blair

Es muß US-Präsident Bill Clinton gewurmt haben, daß bei seiner Abwehrpressekonferenz zum Thema Monica Lewinsky am 22. Januar nur ein verlegener Jassir Arafat neben ihm saß. Den richtigen Begleiter für Peinliches empfängt er erst heute: Tony Blair, britischer Premierminister und für Clinton nicht nur ein ideologischer Doppelgänger, sondern auch ein Vorbild im Beherrschen aufmüpfiger Medien.

Blairs „New Labour“ und Clintons „New Democrats“ entstanden beide aus dem Versuch, nach einer Periode neoliberaler Hegemonie ein neues sozialdemokratisches Selbstverständnis zu entwerfen. Beide halfen sich gegenseitig bei ihren Wahlsiegen. Beide sind Meister der Kunst, unangenehme Öffentlichkeit mit dem eigenen Glamour zu überstrahlen. Beide lernen gerne voneinander – zum Beispiel weiß Blair, daß seine unpopuläre Wohlfahrtsreform ebenso leicht scheitern könnte wie Clintons einstige Pläne einer Gesundheitsreform. Nachdem mit dem Tandem Reagan/Thatcher in den 80er Jahren eine anglophone Rechte mit internationaler Ausstrahlung entstanden war, ist diese jetzt auf der Linken von einer ähnlich verführerisch wirkenden Achse Blair/Clinton abgelöst worden.

Das berühmte „Special Relationship“ der USA und Großbritannien aus den Zeiten von Empire und beginnendem Kaltem Krieg ist damit wieder Realität – aber in einer neuen Dimension. Es geht nicht mehr um eine außenpolitische Achse zweier Großmächte, sondern um eine persönliche Sonderbeziehung zweier Regierungschefs und eine Verständigung auf innenpolitischer Ebene. Schon seit langem dienen britische Politikerbesuche in Washington keinem außenpolitischen Zweck mehr, sondern sie sollen ihre US-Gesprächspartner in das gerade gewünschte Licht rücken. Da kommt aus Washingtoner Sicht Tony Blair gerade recht, der ja eine Art frischere Kopie des mittlerweile etwas verbrauchten US-Präsidenten darstellt. Clinton wird seinen britischen Freund in den nächsten Tagen durch die Gegend schleifen, als wäre schon wieder Wahlkampf und Tony Blair der nächste Präsidentschaftskandidat der Demokraten. Wie weit die neue transatlantische Innenpolitik gediehen ist, zeigt sich auch daran, daß Blair nicht seinen Außenminister Robin Cook nach Washington mitnimmt, sondern seinen Innenminister Jack Straw.

Allerdings mag dies noch andere Gründe haben. Der gemeinsame Auftritt eines US-Präsidenten, der angeblich seine Praktikantin zu seiner Geliebten machte, mit einem britischen Außenminister, der ganz offen seine Geliebte zu seiner Sekretärin machen wollte, würde Tony Blair wohl mindestens genauso verlegen aussehen lassen wie vor zwei Wochen Jassir Arafat. Dominic Johnson