Spekulationen online und ohne Parkett

■ Mit „Xetra“will die Frankfurter Börse die Hamburger killen

Hamburgs Börsenpräsident Udo Bandow tritt heute einen schweren Gang nach Frankfurt an. Es geht um die nackte Existenz des Börsenplatzes Hamburg. Die Deutsche Börse AG in Frankfurt, Chefin des zentralen Wertpapiermarkts, versucht nämlich, die Einführung des neuen Online-Handelssystems „Xetra“zur Abschaffung der deutschen Regionalbörsen zu nutzen.

Will die Hamburger Börse nämlich Xetra, dann muß sie entweder den einseitig überhöhten Preis von 12,5 Millionen Mark zahlen oder als Gegenleistung für die kostenlose Überlassung des Börsen-Online-Dienstes ihren Parketthandel schließen. Während Badow ein „Höchstmaß an Enttäuschung über dieses Vorgehen der Frankfurter“verspürt, da beide Varianten das Aus für die Börse bedeuten würden, sieht Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) sogar eine finstere Verschwörung am Werk: Es sei ein „Machtmißbrauch der Großbanken“, die im Zusammenspiel mit der Deutschen Börse AG den letzten Rest an Wettbewerb ausschalten wollten.

Dabei geht es keineswegs um nostalgische Standortideologie: Gerade im Zeitalter internationaler Online-Spekulation haben regionale Börse zunehmend Sinn. So sieht Börsenspezialist Bernd Reichardt von der Handelskammer regionale Märkte für junge Unternehmen, lokale Immobilienfonds seien im Kommen, bald würden auch GmbH-Anteile gehandelt. „Um diese neuen Instrumente aufzubauen, die noch Entwicklungszeit brauchen, muß die Hamburger Börse“, so betont Reichhardt, „auch im herkömmlichen Wertpapierhandel noch Geld verdienen.“

Ganz ohne Rettungschance ist die Hamburger Börse glücklicherweise nicht: Über das dritte Finanzförderungsgesetz, dem der Bundesrat zustimmen muß, haben die Bundesländer ein Druckmittel. Sie könnten das Gesetz, auf das Frankfurt dringend angewiesen ist, so verändern, daß es die Existenz der Regionalbörsen sichert. Vielleicht gibt es deshalb für Udo Bandow heute in Frankfurt per Xetra-Preisnachlaß jene „halbwegs tragbare Lösung“, auf die er immer noch hofft. Florian Marten