Wenn das Telefon nicht klingelt

■ Herbert S. bekommt seit November keine Telefonrechnung mehr, und weil er folglich auch nicht zahlt, hat die Telekom sein Telefon gesperrt - nur keiner will es bei der Telekom gewesen sein

Na, klingelt's? Leider nicht. Denn der rosa Riese sperrte einem seiner noch zahlreichen Kunden das Telefon. Dabei kann Herbert S. doch gar nichts dafür. Er wohnt seit zehn Jahren in der Görlitzer Straße in Kreuzberg. An diese Adresse wurden bisher auch seine Telefonrechnungen geschickt. Jedenfalls bis November letzten Jahres.

Dann aber gab ein bis heute unbekannt gebliebener Mitarbeiter der Telekom eine andere Adresse in den Computer ein. Die Telefonrechnungen wurden nun automatisch an einen anderen Empfänger in der Skalitzer Straße in Kreuzberg geschickt, kamen aber von dort als „unzustellbar“ zurück.

Die Telekom reagierte auf ihre Weise. Am 23. Januar wurde der Anschluß von Herbert S. abgeklemmt: Das Telefon war tot, und nicht einmal ein Notruf war mehr möglich.

Der routinierte Telefonierer wußte natürlich, was er zu tun hat: Er rief zuerst den Störungsdienst. Dort fühlte sich niemand zuständig, und man empfahl als Möglichkeit den Privatkundenvertrieb: „Einen Moment bitte, ich verbinde Sie weiter ...“ Der Kunde gelangte an die Rechnungsstelle, in der anscheinend der Urheber des Fehlers sitzt. Wieder ohne Ergebnis.

Letzter Versuch: die Kundenbetreuung. Bilanz am Ende des Tages: Zwei Stunden telefoniert, „die ganze Palette der Telekommunikationsdienste“ ausprobiert, und immer noch war es unmöglich, den Urheber des Fehlers zu finden. So ging es auch die nächsten Tage weiter.

Einen ersten Erfolg gab es nach fünf Tagen. Der Privatkundenvertrieb versprach, die Vollsperre im Laufe des Tages aufzuheben. Achten Sie auf das Kleingedruckte, hätte Herbert S. gleich denken sollen, anstatt sich einfach zu freuen. Denn aus der bisherigen völligen Sperre wurde einfach nur eine teilweise – Herbert S. konnte nur angerufen werden, nicht aber selber wählen.

Die Beschwerde von Herbert S. läßt die Mitarbeiter der Pressestelle der Telekom kalt. Für die Kommunikationsprofis sieht die Angelegenheit ganz anders aus: Bei ihnen war der Anschluß des Kunden unter „Wunschsperre“ registriert, das heißt, der Kunde beantragt eine Sperre des Telefons für einen bestimmten Zeitraum. Somit lag für die Telekom kein Fehler vor. Daß Herr S. diese Serviceleistung nie beantragte, ficht die Telekom nicht an. Eine Entschuldigung hält man ebenfalls nicht für nötig. Laut Auskunft der hiesigen Pressestelle sei Herbert S. aber nun „zufriedengestellt“: Ihm wurde die Grundgebühr für den Zeitraum der unfreiwilligen Sperre erlassen. Und seit zwei Tagen kann er wieder telefonieren – ohne Sperre.

Trösten darf sich Herbert S. dafür mit dem Schicksal seines Nachbarn. Auch diesem wurde jetzt der Anschluß gesperrt, nachdem zuvor dessen Rechnungen an eine geänderte Adresse gingen. Markus Viehauser