Hardcore heißt wieder kämpfen

■ Cool und ohne Drogen: „Bremen Youth Crew“im Schlachthof

„Straight Edge“scheint vielen eine unverständliche Jugendbewegung. „Edger“sind Vegetarier, trinken nicht und nehmen keine Drogen. „Straight Edge“entstammt einem Songtitel von „Minor Threat“, und der Text zu diesem schnellsten Manifest aller Zeiten ist Vorläufer der Konstruktions-Philosophie von Ian McKaye („Fugazi“). Im Vergleich zur Punk-Destruktion formulierte Ami-Hardcore unter Präsident Alzheimer den Wunsch nach einer politischen Verantwortung, und dazu gehörte zunächst ein klarer Kopf.

Auf Konzerten wurden Minderjährige in den USA lange durch ein „X“auf der Hand gekennzeichnet. Alkohol bekam man erst mit 21 und aus dieser Not wurde eine zweifelhafte Tugend geboren. Die Kids malten sich schon vor der Show das „X“auf die Hand – eine Sitte, die sich bis nach Bremen-Farge rumgesprochen hat und auch 1998 noch praktiziert wird.

Am Donnerstag donnerten „Sunburnscold“, „Forthright“, „Rampart“und „Providence“als „Bremen Youth Crew“durch den Magazinkeller, und eine kleine Schar treuer Fans schunkelte dazu im Halbkreis.

Nur durch die eigenen Amps verstärkt war der Sound ziemlich dünn, und die Stimmung roch nach Schneidersitz und Schulhof. Erst als „Rampart“die „Rage against the Maschine“-Vorläufer „Inside Out“coverten, wurde praktiziert, wofür man zu Hardcore-Shows ging. Junge Männer schlugen sich um das Mikro, stolperten oder sprangen von der Bühne, und so mancher Kopf schlug gegen die Eisenträger im Magazinkeller, wo lange Jahre das Grafitti „Wir sind die wir sind“an ruhmreichere Zeiten der Bremer Subkultur erinnerte.

An den Wänden hingen Nichtraucher-Poster, nicht weil niemand rauchte, sondern weil es dazugehört wie die Tarnhose mit „Hard-core heißt wieder kämpfen“-Aufnäher. Sie lassen sich nicht vom eigenen Speed tragen sondern versuchen, etwas zu erhalten, was sie nie selbst kennengelernt haben.

Das Konzert war bereits um 23 Uhr beendet, der Zug nach Bremen-Nord war lange weg, nur zwei lokale Konzert-Veranstalter, ein paar Punker mit Hund und der Herr vom Hardcore-Label waren geblieben um sich „Providence“zu Ende anzusehen. Ein Vater hatte zwischendurch mal heimlich reingeschaut, um zu sehen, was der Sohn da so veranstaltet, und wechselte ein paar Worte über Politik, Verantwortung und den langen Henning. „Der war schon in der Schule ein durch und durch unethischer Mensch“, sagt der Mann. Ein 14jähriges Mädchen sagt, daß ein Space Park durchaus cool wäre, aber man wüßte, daß auch das nur ein leeres Versprechen sei. Sie sind schon sehr allright, die Kids.

Stefan Ernsting

Die „Münster Youth Crew“ist mit vier Bands am 28. Februar in der Grünenstraße zu sehen.