Großeinsatz gegen Kfz-Schieber

■ Sondereinsatzkommandos beschlagnahmten 17 Pkws, stürmten sieben Wohnungen und nahmen 18 Verdächtige fest. Eine offenbar unschuldige Familie mußte rabiaten Einsatz erdulden

Mit einem Großaufgebot von 250 Beamten hat die Polizei bereits am Dienstag eine Bande von internationalen Kfz-Schiebern zerschlagen. Wie die Polizei erst gestern mitteilte, wurden bei Durchsuchungen von sieben Wohnungen insgesamt 18 Personen, überwiegend Palästinenser, festgenommen. Ihnen wird gewerbsmäßige Bandenhehlerei mit gestohlenen Pkws, die sie in Einzelteilen nach Libanon verschieben, vorgeworfen. Gegen sieben Personen wurde Haftbefehl erlassen. Im Landkreis Dahme-Spree wurden 17 gestohlene Fahrzeuge im Wert von 600.000 Mark beschlagnahmt.

Im Zuge des Großeinsatzes kam es offenbar auch zu Übergriffen gegen Unbeteilgte. Gegen 6.30 Uhr stürmten etwa zwanzig maskierte Beamte eines Sondereinsatzkommandos (SEK) auch die Wohnung des staatenlosen Palästinensers Mohd Q. in Kreuzberg. In der Wohnung des 41jährigen ist auch der gesuchte Mohamad A. polizeilich gemeldet, der dort aber nicht wohnt. So traf das Kommando nur auf das Ehepaar Q. und ihre fünf Kinder. Q. wurde aus dem Bett gerissen, seine Hände auf dem Rücken gefesselt. Dabei habe er mehrere Schläge an den Kopf bekommen. Mehrere Beamte hätten auf seinem Rücken gekniet und seine Beine hochgerissen, obwohl er darauf hingewiesen hat, daß er unter einer Wirbelsäulenkrankheit leidet. „Meine Mutter und ich durften uns nichts überziehen, obwohl wir nur im Nachthemd waren“, beklagt sich die 15jährige Tochter der religiösen Familie. Ihre jüngeren Geschwister seien im Kinderzimmer mit Waffen bedroht worden.

Zwar habe die Polizei noch in der Wohnung anhand von Fotos festgestellt, daß Q. nicht der Gesuchte sei, trotzdem habe man ihn nach Tempelhof gebracht und bis zum späten Abend in eine Zelle gesperrt, berichtet Q. weiter. Erst dann sei ihm offiziell die Verwechslung mitgeteilt worden. Anschließend wurde er freigelassen.

In der Wohnung wurden Bargeld, Dokumente und ein Handy beschlagnahmt. Q.s Ehefrau, die kaum deutsch spicht, mußte unterschreiben, sie habe die Durchsuchung freiwillig gestattet, der Beschlagnahme nicht widersprochen und auf die Hinzuziehung von Zeugen verzichtet. Am frühen Abend wurde erneut die Wohnung gestürmt, erneut auf der Suche nach Mohammad A., der nicht angetroffen wurde. Die Familie stellte Anzeige wegen Körperverletzung und ist völlig verstört bei Verwandten untergeschlüpft.

Mohamad A. sei als Waffenträger bekannt, begründet Polizeisprecher Norbert Gunkel den Einsatz des SEK. „In solchen Fällen ist der Schutz von Leben und Gesundheit höchstes Gebot.“ Auch das Schamgefühl der Betroffenen müsse dann kurzfristig zurückstehen. Mohd Q. sei zudem schon vor dem Einsatz zu den Beschuldigten gerechnet worden, behauptet Gunkel. Erst hinterher habe sich der Verdacht zerstreut. Gereon Asmuth