■ Kommentar
: Bezahlte Anzeige

Ein Jahr lang „hatte ein Kartell der Gehässigkeit, eine kritische Spray-Kultur, das Projekt niedergemacht“. So ist es in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung Die Zeit zu lesen. Doch Autor Klaus Hartung kann beruhigen: „Dank Planwerk Innenstadt wachsen die beiden Stadthälften nun doch zusammen.“ Nur einige unverbesserliche Kritiker begehren noch auf. „Drei Abgeordnete der Grünen und der PDS beschimpften ihn und zankten, verhärmt an Körper, Geist und Sprache – die Rhetorik der Mauerzeit“, läßt uns Hartung als Schlußsequenz wissen: „Das Stadtforum nahm es stumm hin, bis es endlich vorbei war.“

Anlaß, diese Erfolgsgeschichte des Masterplans ins Blatt zu rücken, war die 67. Sitzung des Stadtforums, deklariert als Zwischenbilanz des vor einem Jahr vorgestellten Planwerks Innenstadt. Material und Stichworte für eine solche Debatte gibt es mehr als genug, und das größte Verdienst des Planwerks ist, daß die Debatte um die künftige Gestaltung der Stadt über die Parteigrenzen und den Tag hinaus angestoßen wurde. Da mischen sich interessante Vorschläge wie die Einschränkung des privaten Autoverkehrs mit problematischen Ideen, die Innenstadt noch weiter zu verdichten und kleine Grün-Plätze zu bebauen oder Schneisen durch die Ostberliner Wohnbebauung zu schlagen. Die Debatte hat durchaus vermocht, Kritiker in den Planungsprozeß einzubeziehen, erbrachte auch verschiedene Änderungen, beispielsweise an der Fischerinsel.

Der Kritik am Planwerk begegnete vor allem Strieders Staatssekretär Hans Stimmann von Beginn an mit aggressiver Geste; assistiert von Klaus Hartung. Auch bei der Zwischenbilanz trat dieser als bezahlter Referent auf. Thema: Welchen Beitrag hat das Planwerk zur mentalen Wiedervereinigung Berlins geleistet? Insbesondere widmete sich Hartung dabei den Kritikern, die er wie mehrfach zuvor in die Schmuddelecke stellte. Der Zeit-Artikel sei die „Fortführung dessen, was Hartung beim Stadtforum vorgetragen hat“, gibt der Stadtforum-Koordinator Philipp Meuser zu. Daß Hartung auf ebendieser Sitzung unter anderem von der Baustädtratin von Mitte, Karin Baumert, darauf hingewiesen wurde, daß er in seinem Referat kein Wort zu den inhaltlichen Problemen des Planwerks Innenstadt verlor und dafür Beifall bekam – dies läßt Hartung die Zeit-LeserInnen nicht erfahren. Wo endet der Journalismus, wo beginnt die Propaganda?, können Zeit-LeserInnen nicht fragen. Sie erfahren auch nicht, daß Klaus Hartung Mitglied des Lenkungsausschusses des Stadtforums ist, berufen von jenem Senator Strieder, dessen Lob er singt. Möglicherweise interessiert das die Zeit nicht. Schließlich erhielt das Blatt gerade ein neues Outfit. Da trennt man sich von alten Zöpfen; möglicherweise auch vom kleinen Hinweis „bezahlte Anzeige“. Gerd Nowakowski