: Rekorde, Skandale und 128mal Freude
■ Es wird eine harte Nacht! Hier unsere Wegweisungen für die erste televisionäre Olympia-Durchwachung. Alles Weitere schaffen Sie dann
Als allererstes sollten Sie das Bier kaltstellen. Bei der Einschichtung der Flaschen in den Kühlschrank überprüfen Sie bitte die Etiketten: Befindet sich auch auf jeder das offizielle Olympia-Logo? Bier ohne Logo bitte sofort öffnen und trinken – zum Beginn der Spiele sollte sich kein unwürdiger Gerstensaft mehr im Haus befinden. Während des Trinkens nehmen Sie sich bitte die Zeit, das Ganze noch mal gut zu überdenken: Morgen könnte ein wunderschöner Tag sein, tolles Wetter, und Ihre Freundin könnte einen Ausflug einfordern. Oder wollten Sie nicht mal wieder in die Kirche? Nein? Gut, wir haben Sie gewarnt. Es wird eine harte Nacht.
Furchtlose (und mit dem Empfang des österreichischen Fernsehens gesegnete) Naturen vertreiben sich die Zeitspanne zwischen der Wiederholung der Eröffnungsfeierlichkeiten und dem Langlauf der Damen am besten mit der Dokumentation „Österreich und die Olympischen Winterspiele“ (ORF 1, 18 Uhr): „Rekorde, Skandale und 128mal Freude“. Diese alpenrepublikanische Propagandaveranstaltung ist ein Härtetest. Sollten Sie beim Anblick medaillentrunkener Österreicher in Wut und Tränen ausbrechen, sind Sie eventuell übermotiviert und sollten sich mit einem kräftigen Schluck Bier wieder beruhigen. Keine Angst: Dieses Jahr zeigen wir's den Knödelfressern schon!
Ganz ruhig, und jetzt langsam umschalten auf „Das Winterfest der Volksmusik“ (ARD, 20.15 Uhr). Ist das nicht Balsam für die Seele, wie Carmen Nebel „eine handverlesene Schar der bekanntesten Volksmusikanten“ (Gong) präsentiert? Wer wäre da nicht gerne dabei? Wir. Wir wären jetzt viel lieber schon in Nagano, Japan. Aber es sind noch fast drei Stunden.
Vielleicht noch ein Bier? Danach haben Sie zwei Möglichkeiten. Entweder, Sie stimmen sich nach dem obligatorischen Sportstudio mit dem „Lawinenexpress“ (ZDF, 23.25 Uhr) schon mal auf die Wetterverhältnisse ein, die Sie dort unten erwarten. Oder Sie schließen die Augen und gehen auf eine mythische Reise durch das Land des untergehenden Wirtschaftswunders: Von Kagoshima am Südzipfel Japans schreiten Sie im Geiste nach Kitakyushu, immer der Küste entlang bis nach Matsue (noch'n Schluck zwischendurch?), fernöstliche Weisheit sammelnd dann auf dem Weg nach Kanazawa, schon fast erleuchtet über Niigata, Akita und Sapporo hinauf in den äußersten Norden. Am Strand von Wakkanai lassen Sie sich meditierend nieder. Halt! Bei Kanazawa hätten Sie rechts abbiegen müssen, um nach Nagano zu kommen!
Gerade noch rechtzeitig erwachen Sie, um Rudi Cerne die Vorrunde des Damen-Eishockeys abmoderieren zu hören. Es ist 4.44 Uhr. Sie haben verpennt. Macht nichts. Morgen gibt's Langlauf der Herren. Stefan Kuzmany
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