Mandela, Madela – the time's gone mad

■ „Ich bin das Beefsteak“: Der wütend rapende Südafrikaner Lesego Rampolokeng zeigte am Ende der 22. Literarischen Woche, wie schwierig der interkulturelle Dialog ist

esego Rampolokeng haßt. Ein Teil des Publikums findet das ausgesprochen lustig: krasse Apartheid im Bürgerhaus Weserterrassen, Apartheid der Denkhorizonte – auch bei den guten Multikultimenschen. Nur formell ist sie aufgehoben. Und genau das ist eines der zentralen Themen des Rap-Poeten aus Soweto. Lesego Rampolokeng, das sind zarte 45 Kilogramm, von jederman problemlos umzupusten, vielleicht auch deshalb auf Wehrhaftigkeit programmiert. Der dünne Mann ist ganz zappelnde Sehne, keine Knochen, nur Gelenke. Im schönen, tief zer-narbten Gesicht haben sich die Stirnrunzeln längst chronisch niedergelassen. Eine irrwitzige Synthese aus Quirligkeit und höllenschwarzem Zynismus, eine beeindruckende Erscheinung, vielleicht ein Genie. Zwischen einem Film über Outcasts in Johannesburg und Disco durfte er am Wochenende im Bürgerhaus Weserterrassen eine halbe Stunde sprechen. Tempo und literarische Dichte schlingern wild, Plaudereien gehen nahtlos über in metapherngespickte Lyrik; was konstant bleibt, ist die talk-radio-nahe Aggression – gegen das Publikum, aber auch gegen sich selbst.

„Ein Quickie ... ich bin das Beefsteak, mitten reingeklatscht zwischen Film und Tanz wie zwischen zwei Brothälften ...Freunde sagten mir, ich soll in Deutschland über Mandela reden, Madela, auf dessen Gesicht das Grinsen einer Großmutter steht, denn die Deutschen sind ja so sensibel (sensitiv), sie mögen die Dritte Welt so gerne ... so wie manche Väter ihre Töchter zu ,gerne' haben ... Ein Freund von mir lebt in Stuttgart, mit dem kann doch irgendwas nicht stimmen, daß er in Deutschland lebt ... Ich frage mich, was soll man von Leuten halten, die ,Helm' heißen, Helmet Kohl ... Mein Freund sagt, als Schwarzer müsse man sehr vorsichtig sein mit weißen Frauen ... Martin Luther King sagte, er hätte einen Traum, den Traum von Schwarzen und Weißen, die sich die Hände reichen. Auch ich fände es gut, die Hand eines weißen Mädels zu halten... Wir alle haben Träume – ich habe meine eigenen Träume – und ich bin überzeugt, ihr wollt die garantiert nicht sehen. ....der Veranstalter meinte, ich soll hier nur schnellen Stücke vortragen. Er sagte mir, die Leute seien nicht interessiert an dem, was ich sage, sie fahren nur darauf ab, wie ich es sage ... ich spiele hier den Affen für euch, den Gorilla, dabei war es doch der Berliner Zoo, wo ich das erste Mal in meinem Leben einen Gorilla gesehen habe. Ihr Deutschen müßtet euch also mit Gorillas viel besser auskennen ... auch Public Enemy spielen den Affen für die Weißen, sie spielen Revolution ... time's gone mad ... it's very easy to be angry when you are black.“

Und auch diesen Satz meint Rampolokeng natürlich selbstkritisch-zynisch. Besonders einfach ist es allerdings nicht, wütend zu sein. Nach seiner Beefsteak- oder besser gesagt Hackfleisch-Performance meint er, daß höchstens zehn Prozent des Publikums ein Prozent von dem kapieren, um was es ihm geht. Und prompt, als wäre es himmlische Fügung, lobt ihn ein Farbiger im Vorbeihuschen: „Toll, du hast es den Weißen ja richtig gegeben.“Dazu Rampolokeng: „Auch der begreift nicht. Es geht mir nicht um Rassismus, es geht um Verlogenheit allerorten.“Rampolokeng zu schwarzen Protesthaltungen: „Natürlich liebe ich Public enemy oder Chuck D, aber ihre Strategie geht nicht auf. Sie glauben, den Musikmarkt für ihre Sache nutzen zu können und werden nur genutzt.“Auch zu Nelson Mandela pflegt Rampolokeng keine so ablehnende Haltung, wie seine Performance vermuten ließ. „Irgendwie ist er auch für mich eine Leitfigur. Die Briten haben durch ihr Geschrei von wegen Terrorist mit dazu beigetragen, daß er 27 Jahre hinter Gittern verbrachte; jetzt läßt er sich von ihnen Orden umhängen. Es ist alles ein großer Kompromiß.“

Rampolokeng hat viel zu sagen. Und er tut's in schrägen Reimen. Die funktionieren zur Hälfte kontrastiv, dann reimt sich violance auf silence, zur anderen Hälfte sind sie naheliegend wie Kinderreime, dann folgt auf mad garantiert dead. Und dazwischen gebiert ein „wrong“ein zusammenhanglos eingestreutes King Kong.

Hat der Veranstalter dem Rapper wirklich zu schnellen Stücken geraten? „Ja, warum? Hat sich Rampolokeng beschwert? Der ist immer so empfindlich.“ Barbara Kern