Die US-Streitkräfte am Golf rüsten auf. Mit neu entwickelten Waffen wollen die Militärs Ziele treffen, die ihnen vor sieben Jahren entgingen. Dazu soll noch mehr Munition verfeuert werden als 1991. Doch Saddam Hussein steht auch diesmal nic

Die US-Streitkräfte am Golf rüsten auf. Mit neu entwickelten Waffen wollen die Militärs Ziele treffen, die ihnen vor sieben Jahren entgingen. Dazu soll noch mehr Munition verfeuert werden als 1991. Doch Saddam Hussein steht auch diesmal nicht auf der Abschußliste des Pentagon

Angriffsziel sind Iraks Waffenkammern

Ziel eines Krieges gegen den Irak sei die Zerstörung der Massenvernichtungswaffen des Landes. Mit dieser Erklärung hat US-Präsident Bill Clinton am Wochenende frühere Äußerungen korrigiert, wonach militärische Maßnahmen zur Beseitigung Saddam Husseins führen sollen. Diese Äußerungen standen in klarem Widerspruch zur Beschlußlage des UN-Sicherheitsrates und haben dort die Fronten über das Für und Wider und die völkerrechtlichen Grundlagen militärischer Maßnahmen gegen Irak verschärft. Mit seiner Kurskorrektur wird Clinton allerdings kaum die zunehmenden Forderungen aus dem US-Kongreß nach dem Sturz Saddam Husseins zum Verstummen bringen können. Auch innerhalb seiner Administration gibt es in dieser Frage weiterhin unterschiedliche Positionen. Deren Hintergrund sind veränderte Einschätzungen im Vergleich zu der Zeit des letzten Golfkrieges vom Frühjahr 1991.

Vor sieben Jahren hinderte die Furcht vor einem Zerfall des Irak nach dem Sturz Saddam Husseins den damaligen US-Präsidenten George Bush daran, seinen Truppen den Marsch bis Bagdad zu befehlen. Auch heute weiß in Washington niemand, wer das von Saddam Hussein hinterlassene Vakuum füllen sollte. Weiterhin wird für diesen Fall mit dem Zerfall des Irak gerechnet. Allerdings gilt dieses Szenario auch in Teilen der Clinton-Administration inzwischen als das geringere Übel im Vergleich zu einer Fortsetzung der Querelen der letzten sieben Jahre.

Doch was auch immer hinter den Washingtoner Kulissen erwogen wird: Offiziell dürfte die Clinton-Administration in der Zeit bis zu einem etwaigen Angriff gegen den Irak von der von Clionton formulierten Zielbestimmung nicht abweichen. Und klar ist auch, daß dieses Ziel ausschließlich durch Luft- und Seestreitkräfte erreicht werden soll. Die USA haben inzwischen ein umfangreiches Streitkräftearsenal in Stellung gebracht. Drei US-Flugzeugträger und 16 weitere US-Kriegsschiffe befinden sich inzwischen in den Golfgewässern, neun davon sind mit insgesamt 250 weitreichenden Tomahawk-Cruise-Missiles ausgerüstet. Auf den Flugzeugträgern, Luftwaffenbasen in Saudi-Arabien, Bahrein und anderen Golfanrainerstaaten sowie auf dem US- Stützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean werden über 150 Kampfflugzeug der Typen B1, B 52, F-18 sowie des „Tarnkappenbombers“ F-17 bereitgehalten. Bedient wird dieses Waffenarsenal von rund 24.000 Soldaten der Marine und Luftwaffe. Am Wochenende ordnete US-Verteidigungsminister William Cohen die Entsendung von weiteren 50 Kampfjets an. Darüber hinaus können die USA auf ihre auf Nato-Basen in der Türkei stationierten Kampfflugzeuge zurückgreifen.

Umfang und Art der Munition, die die USA bei diesem Krieg einsetzen wollen, gehen weit über die Dimensionen von 1991 hinaus. Jeder der drei US-Flugzeugträger hat mehr als zweieinhalb Millionen Kilo Munition an Bord. Die während des letzten Golfkrieges vom Pentagon behauptete Präzision, mit der damals eingesetzte Waffen angeblich ihre Ziele erreichten, ist längst als Propaganda widerlegt. Die Zahl der Opfer unter der irakischen Zivilbevölkerung geht nach Einschätzung humanitärer Organisationen in die Tausende. Jetzt erlebt die Propaganda ihre Neuauflage. Mit neuen Präzisionswaffen sollen die damals verpaßten Ziele getroffen werden. Im Unterschied zu 1991 sind die F-18 Kampfjets der Marine nicht mehr mit herkömmlichen Fallbomben, sondern mit lasergelenkten Präzisionsbomben bestückt. Verbessert wurden laut Pentagon auch die Logistik- und Kommunikationssysteme, die als Feuerleitstellen dienen. Die bereitgehaltenen B-1-Bomber sind jeweils mit 30 neuartigen Präzisionsclusterbomben ausgerüstet. Ein B-1-Bomber soll damit ein ganzes irakisches Panzerbataillon zerstören können. Bei diesen Planungen stört die US- Militärs nicht, daß Clusterbomben völkerrechtlich geächtet sind.

Neben der mangelnden Präzision waren aus Sicht des Pentagon 1991 die beiden Hauptprobleme die unterirdischen Bunker Iraks sowie die gefahrlose Zerstörung chemischer und biologischer Waffensubstanzen. Inzwischen haben die USA einen neuartig geformten und mit einer speziellen Metallegierung geformten Atomsprengkopf für Flugzeugbomben entwickelt. Damit lassen sich unterirdische Bunker in Tiefen bis zu 20 Metern zerstören. 50 dieser atomaren Bomben befinden sich derzeit auf B-2-Kampfflugzeugen auf Diego Garcia. Sie dürften allerdings nur im Rahmen der von Washington angedrohten „vernichtenden Antwort“ auf einen Einsatz irakischer A-, B- oder C-Waffen aktiviert werden.

Die gefahrlose Zerstörung biologischer und chemischer Kampfstoffe ist dem Pentagon ein besonderes Anliegen, seit im Golfkrieg 1991 etwa 60.000 US-GIs verseucht wurden. Nach bisherigen Erkenntnissen geschah dies durch Kampfstoffe, die nach der Zerstörung von Depots freigesetzt wurden. Künftig wollen die USA einen neu entwickelten Magnesiumsprengkopf einsetzen, der besonders große Hitze entwickelt und die Kampfstoffe rückstandslos verbrennen soll. Andreas Zumach, Genf