Auch der Kanzler will mitgolfen

■ Kohl bietet der US-Regierung Luftwaffenbasen in Deutschland für einen Angriff auf den Irak an. Japans Regierung, der Papst und IOC-Chef Samaranch mahnen, auf Militäreinsätze während der Olympiade zu verzichten

Berlin/Washington (taz/dpa) – Der Kanzler übt vorauseilenden Gehorsam. Selbstverständlich dürften US-Truppen bei einem Angriff auf den Irak Militärbasen in Deutschland nutzen, sagte Kohl am Wochenende auf der 34. Münchner Tagung für Sicherheitspolitik. Beim Bombardement von Zielen zwischen Euphrat und Tigris hätten die USA seine „volle politische Unterstützung“. Er sei zwar noch nicht gefragt worden, aber für ihn sei völlig klar, daß den Amerikanern in einem solchen Fall ihre deutschen Luftwaffenbasen zur Verfügung stünden.

Der Kanzler antwortete damit mehreren US-Senatoren, die übereinstimmend mehr Bündnissolidarität für den Fall eines amerikanischen Angriffs verlangt und anderenfalls mit Konsequenzen für das Verhältnis der USA zu Europa und zur Nato gedroht hatten.

Bündnis 90/Die Grünen kritisierten Kohls Äußerungen scharf. Die verteidigungspolitische Sprecherin Angelika Beer erklärte, ein erneuter Militärschlag der Amerikaner wäre ohne ein neues Mandat der UNO ein Verstoß gegen geltendes Völkerrecht. Im Fall eines US-geführten Angriffs auf den Irak ist ein militärischer Beitrag der Bundeswehr nach Auffassung von Verteidigungsminister Volker Rühe aber nicht wirklich nötig. Logistische Hilfe, wie beim Golfkrieg Anfang 1991, werde diesmal nicht gebraucht, sagte Rühe.

Die diplomatischen Bemühungen zu einer friedlichen Beilegung der Irak-Krise zeitigten auch am Wochenende keine Erfolge. Frankreich und Rußland wollen in Absprache mit der Arabischen Liga eine Resolution in den UN-Sicherheitsrat einbringen, um doch noch eine diplomatische Lösung zu erreichen. Rußlands Außenminister Jewgeni Primakow sagte dem russischen Fernsehsender ORT, er könne nicht sagen, daß die Diplomatie bisher eine Lösung gefunden habe. Aus diplomatischen Kreisen in Bagdad verlautete, UN-Generalsekretär Kofi Annan werde auf seiner angekündigten Nahost-Reise unter Umständen auch im Irak Station machen.

Sollte der irakische Staatschef die UN- Waffeninspektionen weiter boykottieren, seien sie entschlossen zu handeln, sagten unterdessen US-Präsident Bill Clinton und der britische Premierminister Tony Blair am Samstag bei einer gemeinsamen Rundfunkansprache in Washington. Clinton betonte, Saddam Hussein dürfe die Welt nicht noch einmal mit Massenvernichtungswaffen bedrohen. Blair nannte den irakische Staatschef eine „Bedrohung für den Weltfrieden“, die unbedingt „gestoppt“ werden müsse. Blairs Außenminister Robin Cook unterstützte ihn: Der „Stichtag“ für den Irak rücke näher.

Daran scheinen auch Appelle nichts zu ändern. Am Wochenende verhallte ein Aufruf des Papstes zu einer friedlichen Lösung am Golf ebenso wie der des Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Juan Antonio Samaranch. Bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Nagano baten letzterer und die japanische Regierung, den „olympischen Frieden“ zu wahren. US-Verteidigungsminister William Cohen ließ das kalt. Wenn alle diplomatischen Bemühungen ausgeschöpft seien, würden sich die USA durch „keine äußeren Umstände“ im Handeln gebunden fühlen. taud

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