■ Olympias Sieger: Ein Angstschuß verhindert wieder Gold:: Uschi Disl (zeigt Nerven)
Bis Kilometer 12,2 in Nozawa Onsen konnte Uschi Disl an ihre erste Goldmedaille in einem olympischen Biathlon-Wettbewerb glauben. Oder genauer: Bis zum zweiten Stehendschießen. Zu diesem Zeitpunkt führte sie klar vor ihren Konkurrentinnen, was sich nach dem 20. und letzten Schuß aber ändern sollte. Sie zielte neben die schwarze Scheibe, kassierte ihre erste und einzige Strafminute und mußte sich somit nach 55:17,9 Minuten mit Bronze zufrieden geben. Statt ihrer gewann gestern Jekaterina Dafowska (54:52,0 Minuten), die Bulgarien erstmals Gold bei olympischen Winterspielen bescherte – vor der Ukrainerin Jelena Petrowa (55:09,8).
Biathletin Disl mit unbekanntem Verehrer Foto: Reuters
Geil sei es, „vier Jahre nach Lillehammer wieder Bronze über die 15 Kilometer zu gewinnen“, sagte Disl unmittelbar nach dem Rennen. Die verpaßte Chance, nach fünf Weltmeistertiteln endlich einen olympischen hinzuzufügen, dämmerte ihr aber schon kurz nach dem ersten Glücksgefühl. „Das war mal wieder typisch“, gestand Disl nun plötzlich enttäuscht, „wieder der letzte Schuß. Das war ein Angstschuß. Ich habe viel zu lange gewartet.“ An ihrer läuferischen Leistung lag der Fall von Platz eins auf drei jedenfalls nicht. In der Schlußrunde lief sie sogar Laufbestzeit, obwohl sie leicht erkältet war und „es heute nicht so gut ging“ (Disl). Vielmehr verhinderten wie in Albertville (1992) und Lillehammer die Nerven den goldbringenden Schuß.
Disl (27), Polizeimeisterin aus Moosham, hatte irgendwie auch Glück, schließlich hätte ihr die Bulgarin Pawlina Filipowa um zwei zehntel Sekunden fast noch die Bronzemedaille weggeschnappt. Zudem: Ihrer Teamkollegin Petra Behle erging es wesentlich schlechter. Die Mitfavoritin landete mit fast fünf Minuten Rückstand auf Rang 27. „Sicher bin ich lieber Erste, aber das Verlierenkönnen darf man nicht verlernen“, hat Disl einmal gesagt. Behle nahm dies wohl allzuwörtlich. gk
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