Ostbürger gegen OBs

■ In Potsdam droht OB die Abwahl, in Görlitz mußte CDU-Mann den Posten schon räumen

Berlin (taz) – Für den Oberbürgermeister von Potsdam, Horst Gramlich, könnte es eng werden. Gestern begann in der Innenstadt der Landeshauptstadt Brandenburgs die Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren, mit dem der SPD-Politiker abgewählt werden soll.

Die Initiatoren – CDU, Bündnisgrüne und Kommunalparteien – meldeten gestern nach kurzer Zeit mehrere hundert Unterschriften. Insgesamt müssen innerhalb von vier Wochen 10.500 Stimmen zusammenkommen.

Dann müßten die Abgeordneten über eine Abwahl Gramlichs entscheiden. Bislang hatte die PDS, größte Fraktion im Potsdamer Stadtparlament und folglich Zünglein an der Waage, einen solchen Schritt abgelehnt. Erfolgt keine Abwahl, könnten die Initiatoren versuchen, über einen Bürgerentscheid Gramlich doch noch zu Fall zu bringen. Dabei müßte eine Mehrheit, mindestens aber 25 Prozent aller Stimmberechtigten (rund 26.000 Potsdamer Bürger), gegen den SPD-Oberbürgermeister votieren. Sollte dies gelingen, wären innerhalb von vier Monaten Neuwahlen anzusetzen.

Der Betroffene selbst ging gestern in die Offensive. „Die Organisatoren wollen Chaos, sie wollen zerstören und die Entwicklung aufhalten“, erklärte Gramlich. Der Geschäftsführer der PDS-Landtagsfraktion, Heinz Vietze, verlangte unterdessen eine „vernünftige Lösung“. Unterhalb einer Koalition sollten sich seine Partei und die SPD auf eine Vereinbarung einlassen, um Potsdam „regierungsfähig“ zu erhalten.

Gramlich steht seit Wochen unter Druck. Vor allem wird ihm sein Festhalten an dem kürzlich abgewählten SPD-Baustadtrat Detlef Kaminski vorgehalten. Gegen Kaminski wird wegen Korruption ermittelt.

Nach einem Bürgerbegehren abtreten muß der Bürgermeister von Wilhelmshorst im Kreis Potsdam-Mittelmark, Olaf Lindenau. Mit 400 der 1.498 Wahlberechtigten Bürger, die am Sonntag gegen ihn stimmten, war die erforderliche Mehrheit von 25 Prozent der Stimmen knapp erreicht worden.

In Sachsen muß der Oberbürgermeister von Görlitz, Matthias Lechner (CDU), sein Amt niederlegen. Für eine Abwahl Lechners haben nach dem vorläufigen Endergebnis knapp 36.500 Görlitzer gestimmt. Nur rund 3.600 Görlitzer wollten Lechner weiter als OB. Mit 73 Prozent lag die Wahlbeteiligung ungewöhnlich hoch.

Lechner erklärte, er sei wohl der erste Bürgermeister in Deutschland, der wegen Arroganz seinen Stuhl räumen müsse. Eine massive Hetzkampagne, vor allem von seiten seiner eigenen Partei, habe Früchte getragen. Das Abwahlverfahren hatten die Christdemokraten selbst eingeleitet. Im Dezember 1997 folgten die Stadtratsfraktionen der CDU, Bündnisgrüne, SPD und PDS. Lechner wurde ein selbstherrlicher Führungsstil bei wichtigen Entscheidungen vorgeworfen. sev