USA verstrahlen sich weit mehr als angenommen

■ Wind verteilt Fallout der überirdischen Atombombentests über das ganze Land

Berlin (taz) – Durch die oberirdischen Atombombenversuche der USA in den 50er Jahren wurde das Land viel stärker verstrahlt als früher vermutet. Während der Tests in Nevada waren Kinder in den Staaten 15- bis 70mal höherer Strahlung ausgesetzt, als dem Kongreß in Washington bisher bekannt war. Das meldet der jüngste Strahlentelex unter Berufung auf das Bulletin of the Atomic Scientist. Eine Studie des Nationalen Krebsforschungsinstituts NCI gibt eine detaillierte Schätzung der Belastung mit dem radioaktiven Jod 131 und wird im Bulletin analysiert. Dieses Jodisotop ist zum Beispiel auch für den Anstieg von Schilddrüsenkrebs bei Kindern nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl verantwortlich.

In den Gebieten nördlich und östlich von Nevada bekamen Kinder Dosen von bis zu 112 rad ab (in der heute gültigen Einheit 1,12 gray). Das radioaktive Jod hatten sie vor allem über die Milch von Kühen aufgenommen. Bisher bekannte Schätzungen gingen von 0,2 bis 0,4 rad aus. Im Schnitt lagen die Dosen US-weit jedoch bei einer geschätzten kumulativen Schilddrüsendosis von 6 bis 14 rad.

Schon nach der Explosion der ersten Atombombe der Welt, der „Trinity“ im Juli 1945, wurden 1.000 Meilen entfernt in Idaho sogenannte radioaktive Hot Spots festgestellt: Röntgenfilme von Eastman Kodak waren grisselig, weil sie in einer Verpackung aus Maisstroh steckten, das in Idaho im Fallout der Bombe gewachsen war.

Bereits 1948 habe der Luftwaffenmeteorologe Colonel Holzman darauf hingewiesen, daß man ein Testgebiet im Osten der USA aussuchen solle. Dann hätte der vorherrschende Westwind den Fallout der Bomben auf den Atlantik getrieben. Doch der zuständige Ausschuß entschied sich für den Südwesten – angeblich wegen der Nähe zu den Waffenlabors. rem

Strahlentelex: Th. Dersee, Rauxeler Weg 6, 13507 Berlin