Ein Mann kämpft um die wahrhafte Ehe

■ Wie der baden-württembergische CDU-Landtagsabgeordnete Roland Schmid mit einem Heiratsverbot für Asylbewerber auf Zustimmung in der Bevölkerung stößt, dabei auf Dänemark verweist und am Ende den FDP-Ju

Berlin (taz) – Zur Arbeit fährt Roland Schmid mit der Straßenbahn. Bisher zockelte der Neuling in der baden-württembergischen CDU-Fraktion des Morgens weitgehend unbeachtet in den Stuttgarter Landtag. Glaubt man den Worten des ausländerpolitischen Sprechers, war das gestern ganz anders: „Ich werd' überall angesprochen – und das sind alles positive Reaktionen!“

Es ist eine drastische Forderung, die Roland Schmid erst eine Erwähnung in den regionalen Fernsehnachrichten und dann – angeblich – viel Zuspruch in der Straßenbahn eingetragen hat: Asylbewerber sollen für die Dauer ihres Asylverfahrens mit Heiratsverbot belegt werden. „Oftmals werden im schwebenden Verfahren Scheinehen geschlossen, um das Bleiberecht zu erwirken“, gibt Schmid als Grund an. Sein Anliegen formulierte er in Form einer Anfrage an die Landesregierung aus CDU und FDP: wie diese denn ein Heiratsverbot beurteile?

So entsetzt ist man im FDP-geführten Justizministerium über die Idee, daß Minister Ulrich Goll gegenüber der taz die sonst übliche Zurückhaltung im Umgang mit Abgeordneten der eigenen Koalition fahren ließ: „Ein Heiratsverbot – das ist schlicht verfassungswidrig!“

Bisher galt gerade bei der CDU der Grundgesetzartikel 6, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates stellt, als unantastbar. Ihm gehe es ja nur um ein zeitlich befristetes Eheverbot für Flüchtlinge, betont Roland Schmid. „Das schützt ja die Ehe, die wahrhafte Ehe.“ In der Vorstellungswelt des Herrn Schmid, formuliert spitz ein Ministerialbeamter, sei vielleicht kein Raum für den Gedanken, ein Ausländer könne sich schlicht verlieben.

Hinter Eheschließungen von Ausländern sogenannte Scheinehen zu vermuten ist nicht der Einfall eines vereinzelten Landtagsabgeordneten. Am 1. Juli tritt bundesweit eine Gesetzesänderung in Kraft, die in der Konsequenz vielen Deutschen die Heirat mit Ausländern erschwert. So wird in §1353 BGB der Satz eingefügt: „Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet.“ Sind die Ehepartner sich vor der Heirat einig gewesen, die gesetzlich vorgeschriebene Lebensgemeinschaft nicht anzustreben, so eine weitere Neuerung, kann die Ehe aufgehoben werden. Erhärtet sich der Verdacht auf eine „Scheinehe“, müssen Standesbeamte bei einer geplanten Hochzeit ihre „Mitwirkung verweigern“.

Roland Schmids Vorschlag, Asylbewerbern pauschal die Heirat zu untersagen, geht über die beschriebene Gesetzesverschärfung weit hinaus. Allerdings will der Abgeordnete seine Anregung ausdrücklich verstanden wissen als Teil einer Politik, die Deutschland als Asylland unattraktiv macht. „Da gibt es ja so eine Summe von Signalen“, sagt er und nennt die Unterbringung von Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften, die Kürzungen bei den Sozialleistungen und die Beschränkung der Hilfe auf Sachleistungen wie etwa Essenspakete. Mit spürbarem Vergnügen an taktischer Raffinesse erklärt er: in Dänemark plane der Innenminister ähnliche Maßnahmen, und der sei Sozialdemokrat. „Da kann man mir wirklich nicht vorwerfen, ich sei ein Rechtsradikaler.“ Patrik Schwarz