Paradies für Hobby-Mahler

Der Kampf ums Küchenregal: Mehr als 100 historische Pfeffermühlen von Blech bis Ebenholz drängeln sich im Gewürzmuseum  ■ Von Achim Fischer

Aufmerksamer Sinne stolpert der moderne Mensch durchs Leben, ständiger Überraschungen gewärtig, selbst, ja eigentlich gerade, bei einer der wichtigsten Beschäftigungen: dem Essen. Neugierig bis mißtrauisch späht der Besucher in des Gastgebers Küche. Der Inhalt von Schränken und Schubladen – Gibt es ein scharfes Messer? Kocht der selbsternannte Bocuse in Blechnäpfen oder gußeisernen Brätern? – ließe schon vieles erahnen von dem, was kommen wird. Leider wird es jedoch in der Regel als unüblich erachtet, das fremde Interieur zu inspizieren.

So richten sich die Blicke auf Fensterbank und Regale. Keine frischen Kräuter? Muß ja auch nicht unbedingt sein im Winter. Keine verschmierten Kochbücher? Vielleicht ist der Gastgeber ein Genie, kocht frei von Zeit und Rezept. Eine Chance hat er noch: den Blick zum Gewürzregal. Keine Pfeffermühle? Jetzt ist es amtlich: Mit den drei Hobby-Sternen an diesem Abend wird es nichts werden. Zur Läuterung seien die Verantwortlichen ins Hamburger Gewürz-Museum verwiesen.

Mehr als einhundert Pfeffermühlen sind dort aufgereiht, in allen Formen, Größen, Materialien. Die älteste ist von 1760. „Vermutlich eine Ladenmühle“, erklärt Christine Tuschinsky, Mitarbeiterin des Museums. Pfeffer war, wie andere Gewürze und Kaffee, ein Luxusgut, das sich nur sehr reiche Familien leisten konnten. Eine eigene Mühle auf jedem Eßtisch lohnte sich nicht. Und so gab es eben eine für viele in einem Gewürzgeschäft, in der alles, was zu zerbröseln war, gemahlen wurde.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Pfeffer fürs gemeine Volk erschwinglich. Die Reichen stellten sich bereits Tischpfeffermühlen auf den Tisch, zwecks Repräsentation gerne auch aus Ebenholz, Silber oder Elfenbein. Otto Normalkoch mußte noch einige Jahrzehnte auf sein privates Mahlwerk warten. Und stand bald vor der Qual der Wahl: Porzellan mit bunten Blümchen, die klassische Ausgabe in Holz oder das imitierte Bierfäßchen – alles heute wieder zu sehen in der Sonderausstellung des Gewürz-Museums. Zur Hochform liefen die Designer in der Nachkriegszeit auf: Eine Zahlenwürfel-Variante konkurriert mit einer Nippes-ausgabe und einem lindgrünen Blechexemplar um den Ehrenplatz auf jedem Pril-Blümchen-geschmückten Resopal-Buffet.

Das Hamburger Magazin Der Feinschmecker empfiehlt modernere Varianten, mit Mahlwerk aus geschmiedetem Stahl. Zu besichtigen in jeder gutsortierten Küche.

Hot Spice Gewürzmuseum, Am Sandtorkai 32; Di – So 10 - 17 Uhr. Sonderausstellung „Pfeffermühlen“bis 15. März