Pampa in goldenem Licht

■ Lateinamerikanischer Schabernack: Daniel Burmans experimentierfreudiger Film „Un crisantemo estalla en Cincoesquinas“

Zwei Männer sind auf der Suche. Der eine, ein Beau namens Erasmo, will den Mörder der Frau stellen, die ihn großgezogen hat. Der andere, ein orthodoxer Jude namens Sal, zeigt allen Passanten das Foto eines Unbekannten, doch niemand kann oder will ihm helfen. Auf der Reise von Cinquoesquinas nach Loyola stoßen die beiden aufeinander, freunden sich an und teilen ein Stück des Wegs, den Kriegswirren beschwerlich machen. „Man sollte in dieser Zeit nicht alleine unterwegs sein“, sagen die Menschen, denen sie begegnen.

Mit „Un crisantemo estalla en Cincoesquinas“ („Eine Chrysantheme explodiert in Cincoesquinas“) eröffnete gestern abend das Panorama. Wieland Speck, der diese Sektion der Berlinale seit einigen Jahren leitet, hat ausdrücklich auf den Film des Argentiniers Daniel Burman aufmerksam gemacht. Wegen der Experimentierfreude, der kraftvollen Bildsprache und der Jugend des Regisseurs: Daniel Burman wurde 1973 in Buenos Aires geboren, und „Un crisantemo...“ ist schon sein zweiter Langfilm.

Angesiedelt ist die Geschichte in den Weiten des argentinischen Hinterlands, irgendwann zu Beginn des Jahrhunderts. Gauchos gibt es hier und Compadres, eine Prostituierte und eine junge Frau namens Magdalena, für die sowohl Sal als auch Erasmo eine stille Zuneigung hegen. Es kommt zu merkwürdigen Begebenheiten – Bären liegen für einen Augenblick auf den Wartebänken eines Bahnhofs, an dem kein Zug mehr fährt – und auch zu unerwarteten Wiedersehen: Sal und Erasmo finden Magdalena in eine Sklavin verwandelt, die mit einer roten Schnur an den Penis ihres Herren gebunden ist. Das ist lateinamerikanischer Schabernack, wie man ihn kennt und manchmal mag. Manchmal auch nicht. „Un crisantemo...“ leidet ein wenig am Wiedererkennungseffekt. Daß Burman auf Chronologie pfeift und die Bruchstücke einer Handlung zu einem Rätsel zusammensetzt, hilft da nicht viel. Farben und Licht sind dafür um so besser. Die Figuren leuchten aus sich selbst heraus, die Schauplätze sind von goldenem Glanz überzogen. Burman erzielt diesen Effekt, indem er Außen- und Studioaufnahmen in einem Bild kombiniert. So liegt ein sanftes, versöhnliches Schimmern über Palmen, staubiger Erde und armseligen Hütten, ein Licht wie an Tagen, an denen der Himmel im Osten voller Gewitterwolken, im Westen voll von den Strahlen der untergehenden Sonne ist. Ganz am Ende von „Un crisantemo...“ soll sich der rätselhafte Titel erklären: Ein Strauß weißer Blumen explodiert. Sal wird zu diesem Zeitpunkt bereits von einer Kugel getroffen sein, während Erasmo bekommt, wonach er suchte. Gerecht ist die Welt der Pampa nicht. Aber schön anzuschauen. Cristina Nord

Panorama: Heute, 18.30 Uhr, Filmpalast; 13.2., 21 Uhr, Filmpalast