Eine Nettigkeit, ein Kuß, ein Rätsel

■ Volle Breitseite: In „Besser geht's nicht“ bekommt man wieder die ganze Palette von Jack Nicholsons mimischen Qualitäten geboten

Auch wenn uns gleich zu Anfang suggeriert werden soll, daß es wohl kein größeres Arschloch auf dieser Welt geben könne: Lacher und Sympathien hat der Schriftsteller Melvin Udall sofort auf seiner Seite, als er das widerliche Schoßhündchen seines Nachbarn kurzerhand in den Müllschacht wirft.

Und auch im weiteren Verlauf von James L. Brooks' Liebeskomödie „Besser geht's nicht“ gerät man nie in Versuchung, diesen Mann unsympathisch zu finden. Es regt sich eher Mitleid, wenn Melvin die Haustür zu seiner New Yorker Wohnung fünfmal abschließt, wenn er schwulenfeindliche und antisemitische Witze reißt, wenn er allein in seinem Stammcafé sitzt und dort der Hygiene wegen sein Plastikgeschirr selber mitbringt, wenn er auf Bürgersteigen Slalom um Hundescheißhaufen und Gehwegspalten tanzt.

Dieser Mann ist ein Zwangsneurotiker, wie er von einer Stadt wie New York zu Tausenden hervorgebracht wird, ein behandlungsdürftiger dazu.

Gespielt wird Melvin von Jack Nicholson, und sollte man zuletzt bei Filmen wie „Mars Attacks“ oder „Wolf“ vergessen haben, was für Qualitäten in Nicholson schlummern, bekommt man sie in diesem Film mal wieder in voller Breitseite. Augen, Ohren, Nase, Mund, alles ist in Bewegung, und auch jeder Falte kommt bei Nicholsons mimischem Spiel ihre besondere Bedeutung zu. Boshaftigkeit, Hinterlist, Schläue, Komik, Tragik, die ganze Palette halt. Eine pathologisch-komplizierte Figur wie Melvin scheint Nicholson auf den Leib und in die Psyche geschneidert zu sein.

Natürlich ist Melvin jemand, der sein Leben nur durch seine Zwanghaftigkeit zu meistern weiß, einer, der sich nur schwer auf eigentlich alltägliche, für ihn aber ungewöhnliche Situationen einstellen kann: Eine Nettigkeit, ein Kuß, aber auch der Wechsel der Kellnerin im Stammlokal oder das Tragen eines gebrauchten Anzugjacketts sind da einschneidende und gleichgewichtsgefährdende Ereignisse.

Und natürlich weiß man als Zuschauer von Anfang an, wie sich die Geschichte entwickelt, die sich da zwischen Melvin und der Kellnerin Carol Conelly (Helen Hunt) entspinnt: Carol arbeitet in Melvins Stammcafé, weiß mit ihm umzugehen, schnauzt ihn aber an, als er über die Krankheit ihres Sohnes lästert.

Als sie eines Tages nicht zur Arbeit kommt, forscht Melvin, aus seiner täglichen Routine gerissen, nach ihrem Verbleib und entwickelt sich fürderhin zum barmherzigen Samariter. Er kommt nicht nur für die medizinische Versorgung von Carols Sohn auf, sondern kümmert sich gänzlich unverhofft auch noch um den Hund seines Nachbarn (Greg Kinnear), der nach einem Überfall ins Krankenhaus muß und später natürlich auch unter Melvins Fittiche gerät.

Dies alles aber tut Melvin „as good as it gets“, so der Originaltitel des Films. So gut er eben kann. „Besser geht's nicht“ ist eben nicht nur eine hübsche Liebeskomödie, sondern durch die Figur des Melvin und Nicholsons Interpretation auch eine überaus gelungene Charakterstudie.

Ankreiden mag man dem Film nur, daß er gut eine halbe Stunde zu lang ist. Die Volten, die er am Ende noch schlägt, wirken überflüssig. Man kennt Melvins Reaktionsmuster dann schon und sieht sich sogar an Nicholson irgendwie satt. Zumal klar ist, daß sich Melvin und Carol irgendwann in den Armen liegen. Warum es aber ausgerechnet diese beiden mit der Liebe trifft, erklärt der Film nicht. Das allerdings ist gut so und geht wirklich nicht besser. Gerrit Bartels

„Besser geht's nicht“. Regie: James L. Brooks. Mit Jack Nicholson, Helen Hunt u.a., USA, 138 Min.