„Die USA können sich nicht verstecken“

■ Ruandas Ex-Premierminister Faustin Twagiramungu fordert eine internationale Intervention

taz: In Ruanda häufen sich Angriffe bewaffneter Hutu-Milizen auf Zivilisten. Sind das vereinzelte Gruppen oder steckt eine Organisation dahinter?

Twagiramungu: Es ist offensichtlich, daß sie organisiert sind, aber die Organisation ist nicht sichtbar. Junge Offiziere der ehemaligen ruandischen Armee führen diesen Kampf; sie kommen aus der Masisi-Region in Ex-Zaire und haben gut verankerte Kontaktpunkte in Ruanda. Die Organisation befindet sich also in Ruanda, aber sie nutzt die unkontrollierte Lage im Osten des Kongo aus.

Hat Ruandas Regierung die Situation im Griff?

Die Ruander sind der Meinung, daß die Regierung das Land nicht hat versöhnen können. Das Regime ist korrupt, es gibt keine Kontrolle. Die Armee bringt auch Menschen um, und es gibt keine Kommunikation zwischen Militärs und der Zivilbevölkerung. Die Armee repräsentiert nicht die Bevölkerung. Im Grunde ist Paul Kagame (Ruandas Vizepräsident und Militärführer der regierenden ehemaligen Tutsi-Guerilla „Ruandische Patriotische Front“ RPF – d.Red.) gescheitert. Es müßte eine Armee gebildet werden, in der es Hutu und Tutsi gibt, und ein politischer Dialog ist notwendig. Die Ruander müssen sich damit abfinden zusammenzuarbeiten. Es braucht eine starke politische Opposition im Land.

Ihre Reformforderungen sind ein langfristiges Programm. Was aber wird kurzfristig passieren?

Kagame wird Ex-Zaire angreifen – vermutlich noch diese Woche. Das wird die Lage aber nicht verändern.

Was dann?

Erstens: Kagame sollte eine politische Erklärung abgeben, in der er sich zur Verständigung mit allen Ruandern bereit erklärt, die eine nationale Versöhnung wollen. Zweitens: Im Nordwesten sollte eine internationale Truppe stationiert werden. Kagame kann die Leute im Nordwesten nicht niederkämpfen. Man muß ihm helfen. Die USA unterstützen sein Regime – sie können sich nicht ständig hinter weltfremden Theorien verstecken. Kagame könnte sie einladen, ein Element der Abschreckung zu bilden. Interview: D.J.