Countdown am Golf Letzte Woche der Diplomatie

■ US-Oberbefehlshaber am Golf nennt seine Truppe einsatzbereit. Optimaler Zeitpunkt für einen Angriff sei etwa in einer Woche. Irak will der UNO jetzt die Durchsuchung von acht Palästen Saddams nach Massenvernichtungsmitteln erlauben

Bagdad/Kairo/Berlin (AP/taz) – Die Kriegsgefahr am Golf wächst. Gestern erklärte der US-Oberbefehlshaber in der Region, General Anthony Zinni, seine Soldaten seien ab sofort einsatzbereit. Ein Angriff gegen den Irak könne jederzeit auf Befehl von Präsident Bill Clinton erfolgen. Der optimale Zeitpunkt dafür sei etwa in einer Woche, deutete Zinni an. Denn dann seien auch die zur Verteidigung Kuwaits bestimmten US-Truppen eingetroffen. Demonstrativ stattete US-Verteidigungsminister William Cohen dem vor Qatar kreuzenden Flugzeugträger „George Washington“ einen Besuch ab.

Gleichzeitig setzte die irakische Regierung ihre diplomatischen Bemühungen um Unterstützung in der arabischen Welt fort. Außenminister Muhammad Said al- Sahaf sorgte dabei in Kairo für Verwirrung. Nach einem Treffen mit Ägyptens Präsident Husni Mubarak erklärte er, die Inspekteure der UN-Kommission zur Zerstörung der irakischen Massenvernichtungsmittel (Unscom) erhielten nun Zugang zu acht Präsidialkomplexen Saddam Husseins. Dann machte Sahaf eine seltsame Rechnung auf: „Und wenn wir acht sagen, dann meinen wir damit alle Anlagen im Irak, denn jede einzelne umfaßt mehrere Gebäude.“ Nach UN-Erkenntnissen verfügt der irakische Staatschef jedoch über mehr als sechzig im ganzen Land verstreute „Paläste“, zu denen er den Waffeninspekteuren den Zutritt verweigert. Weiter erklärte Sahaf, die Inspekteure hätten mindestens zwei Monate Zeit, die Anlagen „Zentimeter um Zentimeter abzusuchen, die Innenräume, den Garten, was sie wollen“.

Die USA und Großbritannien wiesen den neuen Kompromißvorschlag aus Bagdad umgehend zurück. „Es ist nicht Sache Iraks, die Bedingungen der Inspektionen festzulegen“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses. Er bekräftigte damit den bekannten Standpunkt seiner Regierung. Das Londoner Außenministerium bezeichnete den Vorschlag als ermutigend, aber nicht ausreichend. Mubaraks Chefberater Usama al-Bas orakelte, die neueste Offerte sei sicher nicht das letzte Wort aus Bagdad. Die Dinge seien „in Bewegung“.

Bundesaußenminister Klaus Kinkel erklärte gestern die Haltung der Bundesregierung: Bei einem Angriff auf Irak könnten die USA auf „die absolute deutsche Solidarität“ zählen. Eine direkte Unterstützung käme jedoch nicht in Frage. taud

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