Die Stadt bleibt Chefsache

Eigentlich sollten die Bezirke mehr eigene Kompetenz erhalten. Nun will der Senat größere Bauprojekte lieber wieder alleine planen  ■ Von Heike Haarhoff

Krista Sager strahlte. Die „Ära des Voscherauschen Zentralismus“samt ihrer „dramatischen Beschneidung der kommunalen Demokratie“sei beendet, triumphierte die GAL-Politikerin. Das war vier Tage nach der Bürgerschaftswahl im vergangenen September. GAL und CDU hatten soeben ihren ersten und wohl einzigen gemeinsamen Gesetzentwurf dieser Legislaturperiode vorgestellt: Die Bezirksverwaltungsreform, erst wenige Monate zuvor von der damaligen SPD-Statt-Regierung verabschiedet, wurde im Herbst 1997 von GAL und CDU wieder gekippt – zugunsten von mehr Dezentralisierung und Autonomie in den Bezirken.

Inzwischen regiert in Hamburg ein rot-grüner Senat; die GAL stellt mit Willfried Maier den Senator für Stadtentwicklung. Doch von der versprochenen bezirklichen Autonomie bei Planung und Baurecht ist kaum etwas zu spüren. Im Gegenteil: Die Stadtentwicklungsbehörde (Steb) will künftig über Bauprojekte „von überwiegend gesamtstädtischer Bedeutung“doch lieber allein entscheiden. Das geht aus einem vertraulichen Entwurf für eine Senatsdrucksache hervor, der dertaz vorliegt.

Nicht nur Parkanlagen, Verkehrsstraßen, die Hamburger Uni, Deponien, Museen und die Messe fallen danach in die alleinige Zuständigkeit des Senats. Dezidiert ist in einem Neun-Punkte-Katalog aufgeführt, wie die gesamte „städtebauliche Entwicklung (einschließlich des Wallrings) und des nördlichen Hafenrands (von der Innenstadt bis zur Westgrenze von Neumühlen)“zur Chefsache erklärt wird.

Selbst bei der Ausweisung von „Wohngebieten mit mehr als 300 Wohneinheiten“oder Gewerbeflächen, die „größer als fünf Hektar“sind, soll, so das vertrauliche Papier, „die Kompetenz zum Erlaß der Aufstellungsbeschlüsse sowie der Feststellung von Bebauungsplänen beim Senat verbleiben“.

„Wir haben so gut wie keine Mitsprache mehr“, fürchtet ein CDU-Abgeordneter aus Hamburg-Mitte, „denn sobald es spannend wird, reißt der Senat die Planung an sich.“Dabei sollte gerade das neue Bezirksverwaltungsgesetz, das jetzt durch die Verordnung konkretisiert wird, dafür sorgen, daß die Bezirke ihre Bebauungspläne eigenständig aufstellen, durchführen und beschließen.

Völlig außer sich vor Wut ist man im Bezirk Mitte. Die Steb glaube wohl, „daß wir uns unserer gesamtstädtischen Bedeutung nicht bewußt sind“, meint ein Mitarbeiter. Bleibt es bei dem Entwurf, müßte Mitte in der Tat zu allen baulichen Veränderungen in der City schweigen. Und Altona hätte bei der von Oberbaudirektor Egbert Kossak (SPD) favorisierten „Perlenkette“am Hafenrand kaum ein Wörtchen mitzureden.

Steb-Sprecherin Ina Klotzhuber suchte gestern zu beschwichtigen: „Wie die genaue Gestaltung sein wird, wird mit den Bezirken abgestimmt.“Und diese Abstimmung laufe noch bis März. Eine Senatsplanung sei nicht per se schlecht, sondern könne im Einzelfall durchaus stärkere Verbindlichkeit für die Gesamtstadt schaffen.

Den Bezirk Mitte kann das nicht besänftigen: „Wir dürfen künftig wahrscheinlich noch Klohäuschen bauen“, schimpft ein CDUler. „Aber nur, wenn die nicht vom Bürgermeister benutzt werden. Denn sonst muß man wohl von übergeordneter Bedeutung sprechen.“