Neulich in der Kulturhauptstadt (1)

„Bremen wird Kulturhauptstadt Norddeutschlands“, erklärte die sozialdemokratische Kultursenatorin Bringfriede Kahrs. Wann das war? Neulich wird es gewesen sein, und dennoch hallt der Satz bis heute nach. Doch wir erklären Bremen schon heute und an dieser Stelle zur Kulturhauptstadt! Denn an dieser Eigenschaft besteht gar kein Zweifel. Den Beweis tritt in Wort und Bild sowie in lockerer Folge diese neue Serie an.

„Kiek mal Mammi, ik kann Blut spucken“, unterschrieb der Karikaturist Heinrich Zille eine seiner bekanntesten Zeichnungen über Schicksale in Berliner Hinterhöfen. Nicht zu verleugnen ist, wenn man sich in Bremen umtut und umschaut, daß Zille allgemein und der Hinterhof im besonderen in dieser Stadt bis in die 80er Jahre einen gehörigen Eindruck gemacht haben müssen. Zwar verzichteten die Stadtplaner um die Jahrhundertwende auf die Anlage großer Mietshäuser mit Hinterhofgebäuden. Doch dafür bereicherten die Baugenehmigungsmächtigen der Nachkriegsjahre die Architekturgeschichte um eine Erfindung: Der nach vorne gewendete Hinterhof. Überall in der Stadt ist er zu finden, da ist der Hinweis, daß obiges Foto in der Rembertistraße entstand, nahezu überflüssig.

Nicht überflüssig ist, daß diese Neuheit durchaus historische Wurzeln in bremischer Mentalilät und Sitte hat. Der in Bremen zum Kaufmann ausgebildete Friedrich Engels wunderte sich nämlich dereinst über die Bremer, weil sie – egal aus welcher Schicht – bei jeder Gelegenheit die Gewohnheit des auf den Boden Spuckens pflegten. Auf offener Straße und ohne jede Scham. Ob sie auch Blut beigemischt haben, ist nicht überliefert. Aber Sie sehen, wie wieder mal alles zusammenhängt. ck/Fotos: Katja Heddinga