Schlappe für Scientology-Gegner

■ Geheimdeal zwischen Sektengegnern und Ober-Scientologe Götz Brase Von Max Reh

Beide Parteien haben strengstes „Stillschweigen“ über ihre geheime Abmachung vereinbart. Die eine Seite, weil ihr der gerade geschlossene außergerichtliche Vergleich mehr als peinlich ist, die Gegenseite, weil sie kein Interesse hat, sich weiter ständig in den Schlagzeilen wiederzufinden. Denn das von beiden Parteien unterzeichnete Papier hat enorme Sprengkraft. Der bekennende Scientologe und Immobilienmakler Götz Brase diktierte den in der „konzertierten Aktion“ organisierten Sektengegnern eine Unterwerfungserklärung in die Feder, die einem Maulkorb gleicht.

Anfang des Jahres hatte sich eine breite Koalition aus MieterInnenvereinen, Maklerverbänden und Grundeigentümern in Hamburg zusammengeschlossen, um gemeinsam die Umwandlungsaktivitäten von Mitgliedern der US-Sekte zu bekämpfen. In ihrem Feldzug gegen die Umwandler vernachlässigte die „konzertierte Aktion“ der wohnungswirtschaftlichen Verbände jedoch einfachste juristische Vorsichtsmaßnahmen.

34 Immobilien- und Maklerfirmen wurden auf einer „Giftliste“ in den Dunstkreis der Sekte gerückt. Im Einzelfall nachweisbare Methoden, mit denen umwandlungsbetroffene MieterInnen von sektendominierten Umwandlungsspezialisten unter Druck gesetzt worden waren , wurden zur generellen Sektenpraxis erklärt. In ihrem Bemühen, die oft ruppigen Entmietungsmethoden vieler sektennaher Unternehmen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, schoß die „konzertierte Aktion“ mit allzu pauschal formulierten Vorwürfen ein klassisches Eigentor.

Die Reaktion folgte prompt. Umwandlungsspezialist Götz Brase zog für seine auf der „Giftliste“ auftauchende Firma „Brase KG“ gegen die „Hetzjagd auf unsere Religion“ vors Hamburger Landgericht. Am 6. Juli erwirkte er dort eine einstweilige Verfügung, die der „konzertierten Aktion“ untersagt, fünf allgemeingültig aufgestellte Behauptungen über die Entmietungs-Praktiken „der Scientology-Umwandler“ weiterhin pauschal zu verbreiten.

Die Anti-Sekten-Koalition legte gegen die Verfügung keinen Widerspruch ein und ließ sich von der Drohung Brases, alle 34 auf der „Giftliste“ genannten Firmen würden jetzt ebenfalls klagen, auf einen außergerichtlichen Geheim-Vergleich mit dem Sekten-Promi ein. Einer der Vertreter der konzertierten Aktion: „Wir hätten sonst ein Prozeßrisiko von über einer Million Mark auf uns genommen.“

Kernpunkte der „Stillschweige-Vereinbarung“: Die an der konzertierten Aktion beteiligten Organisationen werden sich mit pauschalen Vorwürfen gegen Makler und Umwandler, die Mitglieder der US-Sekte sind, zurückhalten. Alte Fälle sollen nicht mehr aufgerollt werden; die „Giftliste“, auf der Immobilienhöker aus dem Umfeld der Sekte aufgeführt sind, wird von fast allen Organisationen der „konzertierten Aktion“ nicht mehr verbreitet werden. Brase versicherte im Gegenzug großzügig, seinen Einfluß innerhalb des sektennahen Firmengeflechts zu nutzen, um die von ihm angedrohte Prozeßlawine im Keim zu ersticken.