Mit überblendeten Hausfassaden

■ Das Projekt Klangkrieg testet physische Grenzwerte

Verhaltenes Grollen und Donnern. Geräusche wie aus einem U-Bahn-Tunnel, wie aus einer fernen Industrieanlage. Unzweifelhaft urbaner Herkunft. Und eher beunruhigender Natur, wären da nicht elektronische Klänge eingestreut, die diesem Klangpuzzle zuweilen die Poesie eines Kinderliedes verleihen.

Diese Musik, die wie der Soundtrack eines schwermütigen Großstadtfilms anmutet, ist im Frachtraum des Treujanischen Schiffs zu hören. Von visueller Untermalung kann allerdings nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil werden die Zuhörer gezwungenermaßen der 15minütigen Klangcollage in völliger Dunkelheit beiwohnen. Dabei wird der Boden unter ihren Füßen beben, wofür an den Wänden angebrachte Baßlautsprecher sorgen. 38 cbm, so der Name dieser Vorführung, bezeichnet in etwa das Volumen eines Frachtcontainers, und in diesem Behältnis kam die „konzertante Installation“ 1993 anläßlich der Multimediale 3 in Karlsruhe erstmals zur Aufführung.

Zwar haben es sich Tim Buhre und Felix Knoth, die Klangkrieg Ende der 80er Jahre gründeten, zur Aufgabe gemacht an ihrem Publikum „akustische wie physische Grenzwerte auszutesten“. Allzu unbequem soll es dabei allerdings nicht zugehen, denn auf erstklassige Klangqualität wird, wie Tim Buhre versichert, allergrößter Wert gelegt. Als Initiator des Projekts hat Buhre auch andere multimedial arbeitende Künstler auf das Treujanische Schiff geladen. Günther Reznicek setzt sich mit den Möglichkeiten unkonventionellen Gitarrenspiels auseinander, indem er das Saiteninstrument mit zweckentfremdeten Gegenständen bearbeitet.

Den visuellen Hintergrund hierfür bilden Diaprojektionen klassischer Gitarrenperformer. Des weiteren zeigt er seine Multivision Audio&Goggo, in der die Ansicht einer Hausfassade durch „Überblendungen in ihrer statischen Ruhe“ gestört wird. Franziska Schriefer und Kathrin Günther zeigen in ihren Diaprojektionen Teilansichten von St. Pauli, die sich mit Obdachlosigkeit und Prostitution, dem Hafen und dem Amüsierbetrieb des Viertels auseinandersetzen.

Das solchermaßen audiovisuell aufgewühlte Publikum kann zum Ausklang des Abends die gewonnenen Sinneseindrücke tanzend verarbeiten.

Dazu wird das DJ-Team Jan-Peter E. R. Sonntag alias Gatnos Marsyas zusammen mit Leoho elektronische Klänge mit Musik diverser Blasinstrumente kombinieren. Die DJs Thomas Beck und Bianka Ludewig werden an ihren Turntables das Ambiente mit 210 Schlägen pro Minute einheizen. Petra Langemeyer Sa, 18.+ So, 19. August, Treujanisches Schiff (Fischauktionshalle), jeweils 20 Uhr