Wessen Jagdhund ist der beste?

■ Tschechows Einakter in einer bilingualen Inszenierung auf der Einfachen Bühne

Hochzeitsvorbereitungen auf russisch: Das junge Paar gerät in Zwist, als um Land zu streiten ist. Ihre Bullenwiese oder seine? Mit dem Blumenstrauß werden auf dem Tisch die Grenzen gezogen, das Glück scheint zerrüttet, noch ehe der Antrag über die zitternden Lippen des hypochondrischen Bräutigams geflossen ist.

Eine Szene aus Anton Tschechows Groteske Der Heiratsantrag, die zusammen mit Der Bär am Wochenende auf der Einfachen Bühne, dem kleinen, auf Russisches spezialisierten Theater Hamburgs, gespielt wurde. Einerseits gibt es den als „Prinzip“ verteidigten Fetisch Besitz, andererseits das Gefühl der um sich Ringenden, das urplötzlich zwischen die Beteiligten tritt – von diesem Konflikt handeln die Stücke. Die Besonderheit der Inszenierung: In russischer und deutscher Sprache werden die beiden Einakter präsentiert, in denen die Schauspieler Olga Posashennikova, Alexander Kosnov und Vladislav Demchenko streiten.

Eine bilinguale Inszenierung – zweifellos ein interessanter Versuch des Ensembles, deutschsprachige Versatzstücke in die russisch dominierte Aufführung einzustreuen. Oft wirkten die Einsprengsel allerdings eher wie gesprochene Regieanweisungen („böse bin ich heute“), als daß sie die Handlungsstränge hätten plausibel machen können. Die Gestik dominierte über den Inhalt, das Humoreske der Szenen, in denen Tschechow seine Figuren beschreibt, wurde durch das ausdrucksstarke Spiel des Ensembles deutlich.

Doch der Sprachwitz der Dialoge blieb für Russischunkundige auf der Strecke. Nur wer die Vorlage kannte, hatte wenig Mühe, über die Szenen hinaus den Handlungsverlauf zu verfolgen. Den anderen blieb es vorbehalten, sich über das brillant-rasante Wechselspiel der drei Akteure im Spannungsfeld von Abneigung, Stolz, Respekt und Liebe zu amüsieren.

Im Zweifelsfall mag das genügen. Vielleicht sollte man auch einfach wieder die Stücke lesen, bevor man ins Theater geht. Ein bißchen Mut und ein wenig Vorbereitung können jedenfalls nicht schaden, um die – für die damalige Zensur von Tschechow ins Grote-ske gekleidete – Kritik an den herrschenden Zuständen nachzuvollziehen.

Der Heiratsantrag wird übrigens, auch auf russisch, niemals ausgesprochen. In der Schlußszene streitet sich das Paar nach einem längeren Kuß, wessen Familie den besseren Jagdhund besäße. Der Vater versucht derweil hilflos, den aufkeimenden Streit in herbeigerufenem Champagner zu ersäufen. Dies nun allerdings ein Moment, in dem das Verständnis des Textes nicht notwendig ist.

Folke Havekost