Explosiver Abschied für Europaparlamentarier in Algier

■ Während die Besucher Algeriens Demokratie preisen, gehen Bomben hoch. Polizei verhindert Demonstration

Algier (taz) – Ein massives Polizeiaufgebot hat gestern in Algier einen „Marsch gegen Gewalt und Terrorismus, für Frieden und nationale Aussöhnung“ verhindert. Aufgerufen hatte die größte algerische Oppositionspartei, die Front der Sozialistischen Kräfte (FFS). Bereits am frühen Morgen war die Hauptstadt abgeriegelt. An Straßensperren wurden Busse und Pkw gestoppt, Passagiere registriert.

Rund 1.000 Menschen, die sich dennoch mittags auf der Kreuzung neben der Hauptpost versammelten, wurden sofort eingekesselt und abgedrängt, unter ihnen sozialistische Abgeordnete mit Parlamentsausweis am Revers. „Wir wollen einen internationalen Untersuchungsausschuß“, skandierte die Menge und „Nieder mit der Diktatur!“ „So sieht die Demokratie aus, von der die Europaparlamentarier so gerne sprechen“, machte FFS-Senatorin Louisa Chetti ihrem Unmut über die Delegation des Europaparlaments Luft. Denn zum Abschluß ihrer Reise hatten die Gäste kurz zuvor den algerischen Demokratisierungsprozeß gelobt.

Zum Abschied der Europäer brachten drei Bomben den Terror nach Algier zurück. Eine explodierte morgens um acht in dem Außenbezirk Birkadim. Ein Passant kam ums Leben, vier wurden verletzt. Zwei Stunden später – die Europäer gaben ihre Abschlußpressekonferenz – krachte es in einem Café auf dem zentralen Place des Martyrs. Bilanz: ein Toter und 17 Verletzte. Als sich die Europäer um 11 Uhr Richtung Flughafen in Bewegung setzten, traf es eine Drogerie im Stadtteil Bab al- Oued: sieben Verletzte. Reiner Wandler

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