Bibel & Talmud und die US-Debatte

Die Bibel ist die Basis für Glaube, Lehre und Handeln aller ChristInnen. Der Talmud ist nach dem biblischen Alten Testament das Glaubenshauptwerk des Judentums. Er enthält eine umfangreiche Sammlung der rabbinischen Gesetze und Erzählungen.

Die Halacha ist das Gesetzeswerk, nach dem sich JüdInnen richten. Sie besteht aus einem schriftlichen Teil, der Thora, und ihrer mündlichen Interpretation. Sie umfaßt die Gebote der Fünf Bücher Moses; ihre Auslegung hat einen ebenso hohen Stellenwert wie die biblischen Gebote selbst. Am Sonnabend, dem Sabbat, darf nach jüdischem Glauben nicht gearbeitet werden. Das Einhalten dieses Gebots – wie auch das der Beschneidung von Jungen – zählt zu den Symbolen, mit denen sich jemand zum mosaischen Glauben bekennt.

Das katholische Dogma ist ein verbindlicher Glaubenssatz. Wer es leugnet, wird aus der Kirche ausgeschlossen. Ein Dogma beruht auf der Auslegung der Bibel und kann vom Bischofskollegium, vom Papst oder einem Konzil festgelegt werden.

Christliche Theologie versteht unter der Seele Geist und Wille eines Menschen – eine von Gott geschaffene geistige und unsterbliche Lebensform des Individuums.

Abtreibung ist in den USA bis zum siebten Schwangerschaftsmonat ein verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht. Im ersten Drittel der Schwangerschaft ist sie ohne jede Einschränkung erlaubt. Eine Zwangsberatung gibt es nicht. Wer sich nach dem dritten Monat zu einem Abbruch entschließt, muß sich in der Regel von einem Arzt bzw. einer Ärztin und einer Familienplanungsstelle beraten lassen.

Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hatte 1973 das Abtreibungsgesetz des Staates Texas für verfassungswidrig erklärt. Dort galt jeder Schwangerschaftsabbruch, der nicht aus medizinischen Gründen durchgeführt wurde, als Verbrechen. Der Oberste Gerichtshof begründete seine liberale Entscheidung mit dem Recht der Frau auf Privatsphäre.

Ziel der amerikanischenAbtreibungsgegnerInnen – die sogenannte Pro-Life-Bewegung – sind meist die landesweit 79 Frauenkliniken, in denen GynäkologInnen auch noch nach dem fünften Schwangerschaftsmonat einen Abbruch vornehmen. Für AbtreibungsgegnerInnen kommt ein Abbruch einem „Babymord“ gleich.

Dabei greifen die selbsternannten Lebensschützer durchaus selbst zu Waffen, um ihr Ziel zu erreichen. Seit 1993 haben sie in den USA in Zusammenhang mit Protesten gegen Abtreibungen sechs Menschen umgebracht.

Erst Ende Januar kam bei einem Attentat auf eine Abtreibungsklinik im US-Bundesstaat Alabama ein Wachmann ums Leben, eine Krankenschwester wurde schwer verletzt.

An US-Präsident Bill Clintons Veto scheiterten bisher Initiativen von republikanischen Kongreßabgeordneten, das Abtreibungsrecht wieder einzuschränken. uta