Die Stadt vermietet sich ein Haus

Eine stadteigene Immobilien-Gesellschaft soll Haushaltslöcher stopfen  ■ Von Florian Marten

Eine neue staatliche Immobiliengesellschaft soll die Stadtkasse und die rot-grüne Koalition über die nächsten Jahre bringen. Nach Informationen der taz wird der Senat noch vor der Sommerpause über ein Konzept der Asset-Management-Consulting GmbH (AMC) beraten, das den Verkauf eines großen Teils des städtischen Grundvermögens an eine neue städtische Gesellschaft für „Grundstücksmanagement“vorschlägt. Der Clou: Der Kaufpreis könnte mehrere Milliarden Mark ausmachen – genug, um die Haushaltslöcher der nächsten Jahre zu stopfen.

Unter den feudalen Sesseln des rot-grünen Senats tickt nämlich eine Zeitbombe. Mindestens drei, voraussichtlich sogar mehr als vier Milliarden Mark muß die Stadt noch in dieser Legislaturperiode durch Vermögensverkäufe locker machen, um die gigantischen Löcher im Betriebshaushalt zu schließen. Mindestens 1,7 Milliarden Mark davon sind allein 1998 fällig. Wenn die nächste Steuerschätzung im Mai wieder schlecht ausfällt, könnten es sogar noch mehr sein.

Entlastung an der Einnahmefront ist vorerst nicht in Sicht. Und nach dem Verkauf eines HEW-Viertels und der halben Landesbank 1997 hat die Stadt die Prunk-stücke unter ihren 330 Unternehmensbeteiligungen bereits verscherbelt.

Die aktuelle Verkaufsliste des Hamburger Tafelsilbers wurde parallel zu den Koalitionsverhandlungen von einer Männerrunde ausgekungelt: Stadtchef Ortwin Runde und Wirtschaftsminister Thomas Mirow (beide SPD) verhandelten mit GAL-Finanzguru Willfried Maier und dem Grünen Haushaltsspezi Norbert Hackbusch. Anders als noch unter Henning Voscherau soll nach ihrem Willen der endgültige Verkauf von städtischem Vermögen möglichst vermieden werden. Statt dessen ist das fast noch unangetastete Grundvermögen ins Blickfeld geraten.

Hilfestellung leistete dabei die von Voscherau 1996 installierte AMC. Diese unabhängige Mini-GmbH war zunächst umstritten, weil sie vor allem Voscherau als Beratungswaffe gegen Senatskollegen dienen sollte. Aber inzwischen hat sie sich Respekt verschafft. Penibel durchforstete die AMC das gesamte Stadtvermögen und erstellte dabei eine Datenbank über alle stadteigenen Imobilien. Vor allem aber prüfte sie Möglichkeiten, pfiffig damit umzugehen.

Dabei entstand auch die Idee, eine eigenständige Gebäudemanagement-Gesellschaft zu installieren. Sie könnte Räume an Verwaltungsstellen und Behörden vermieten. So soll sparsamer und effizienter mit Immobilien umgegangen werden. Gleichzeitig könnte die Stadt Heiz-, Reinigungs- und Instandhaltungskosten sparen. Nebenbei, betonte die AMC, könnte deutlich werden, welche Immobilien die Stadt gar nicht braucht und verkaufen kann.

Spätestens an dieser Stelle wurden Runde & Co hellhörig. Sie gaben der AMC einen Sonderauftrag: Bis zum Sommer soll sie ein Konzept vorlegen, welches nicht nur eine vernünftigere „Nutzung von Ressourcen“ermöglichen, sondern auch die Haushaltskrise der Stadt bekämpfen soll. Wenn nämlich die neue Immobilienfirma außerhalb des Stadthaushaltes angesiedelt ist, kann sie sich zum Kauf der Grundstücke und Häuser Hypothekenkredite am Kapitalmarkt besorgen. Die Stadt würde sich ihren Grundbesitz quasi selbst abkaufen und den Erlös nutzen, um die Löcher im Betriebshaushalt zu stopfen.

Diese Kreditaufnahme, denkbar sind Milliardenbeträge, würde freilich Zinsen kosten. Doch auch daran ist schon gedacht: Die städtischen Einrichtungen würden Miete bezahlen und damit für die Zinsen aufkommen. Durch geringere Nebenkosten und sparsamere Flächennutzung sollen aber Gewinne entstehen, welche die Mehrkosten der Behörden ausgleichen.

Auf den ersten Blick ein rundum genialer Plan: Mit Gebäuden und Flächen wird sparsamer umgegangen, die Stadt gleicht ihre Haushaltslöcher aus, bleibt aber Eigentümerin ihrer Immobilien. Gegenwärtig arbeitet AMC daran, für diese trickreiche Konstruktion verfassungsrechtlich und steuerlich saubere Wege auszutüfteln. Politisch umstritten ist noch, welche und wieviele Grundstücke die neue Firma übernehmen soll: Das ganze städtische Grundvermögen, auch den Hafen, Schulen und Unis? Oder nur die Verwaltungsgebäude? Das mögliche Gesamtvolumen des Deals ist so groß, daß Insider gegenwärtig davon ausgehen, daß die neue Immobiliengesellschaft nur schrittweise städtischen Grund und Boden schlucken wird.