„Ich bin kein Monster“

■ Mann soll Stieftochter und Großnichte vergewaltigt haben / Er streitet die Taten ab, seine Frau hält zu ihm / Tochter wurde offenbar auch von der Frau mißhandelt

„Ich habe mich nie an Kindern vergriffen, weil ich da nix für über hab'“, beteuert der Mann, der wegen sexuellen Mißbrauchs auf der Anklagebank des Landgerichts sitzt. „Ich habe die Kinder nie angefaßt“, sagt er noch einmal. Drei mal soll der 41jährige seine Stieftocher vergewaltigt haben – als die elf und 13 Jahre war. Kurz darauf, so wirft ihm die Anklage vor, habe er auch die dreijährige Großnichte seiner Frau vergewaltigt – vor den Augen der Stieftochter. „Das wär' ja noch schöner“, ruft der Mann aus, als er mit dem Vorwurf konfrontiert wird. Ob er glaube, daß eine Dreijährige sich so eine Geschichte ausdenken könne, hakt der Richter nach. „Die Kleine ist ziemlich clever, die war schon damals nicht begriffstutzig“, antwortet der Mann.

Die Mutter der Dreijährigen bricht vor Gericht immer wieder in Tränen aus. Ihre Tochter sei wund und blutig gewesen, erinnert sie sich. „Onkel Peter hat das gemacht“, habe ihre Tochter gesagt. Doch erst als das Kind auch einem Nachbarn davon erzählt habe, hätte sie Anzeige erstattet. Nach der Anzeige hätte sich ihr auch die Stieftochter des Anklagten anvertraut.

Über die Stieftochter des Angeklagten existiert beim Vormundschaftsgericht eine dicke Akte. Die heute 16jährige hat die meiste Zeit ihres Lebens in Heimen und Wohngruppen verbracht. Sie sei ein „mangelhaft versorgtes, hin- und hergeschobenes, minderbegabtes Kind“, heißt es in den Akten.

„Ich will sie nicht“, sagt ihre Mutter, die Frau des Angeklagten. „Sie hat alles kaputtgemacht, was ich geliebt habe. Sie hat die Katze erstickt, den Hund erhängt, mehrere Knochenbrüche habe ich von ihr“, behauptet die bullige Frau. Schwer vorstellbar, daß ein Kind in der Lage ist, einer Frau von dieser Statur Knochenbrüche beizubringen, findet der Richter. „Die entwickelt eine sagenhafte Kraft“, antwortet die Frau prompt.

Ihre Tochter würde „mit dieser Geschichte“versuchen, ihr „das Leben kaputtzumachen“. Ihr Mann hätte die Kinder niemals angefaßt, ist sie sich sicher. Außerdem hätte die Tochter schon mal einen anderen Mann beschuldigt. Das Mädchen hat 1991 tatsächlich einen Nachbarn wegen Vergewaltigung angezeigt. Das Kind sei damals mit einer blutigen Lippe und einem blauem Fleck im Gesicht auf der Wache erschienen und habe die Anzeige zurückgenommen, liest der Richter aus dem Polizeibericht vor. Die Beamten hatten den Eindruck, daß das Kind kurz zuvor verprügelt worden war. Die Mutter sei dabeigewesen. Als Beweis für die Unschuld des Nachbarn habe sie den Polizisten ein Tonband vorgespielt, auf dem die Tochter die Vorwürfe zurückgenommen hätte. Das Gespräch hätte „gestellt“geklungen, heißt es im Polizeibericht. Die Frau läßt sich durch diese Vorhaltungen nicht aus der Ruhe bringen. „Ich würde meine Tochter nie wegen sowas schlagen“, versichert sie. Aber ihre Tochter sollte „vernünftig, ehrlich und sauber“, werden. Deshalb habe sie schon „ab und an mal“zugeschlagen.

Das ergibt sich auch aus den Akten. Vor einigen Jahren hatte ein Nachbar den Angeklagten und seine Frau angezeigt, weil die Tochter „von beiden Erwachsenen aus nichtigen Anläßen mehrfach am Tag verprügelt“werde. „Da muß er aber nichts besseres zu tun gehabt haben, als bei uns vor der Tür zu liegen“, gibt die Frau trotzig zurück. Auch ein Maler, der vom Gerüst aus gesehen haben will, wie das Kind in der Wohnung verprügelt wurde, informierte die Polizei. Kurz darauf wurde die Tochter ins Heim eingewiesen. Der „gesamte Körper“des Kindes sei mit Striemen und blauen Flecken übersät gewesen, heißt es in einem ärztlichen Attest. Die Frau des Angeklagten blickt den Richtern geradewegs ins Gesicht und sagt: „Ich bin kein Monster.“ kes

Der Prozeß wird fortgesetzt