Arbeitskräfte paßgenau zugerichtet

■ Werkstatt Bremen vermittelte 1997 143 Stütze-BezieherInnen auf den ersten Arbeitsmarkt / Arbeitsamt ist nicht zuständig

„Ach, Sie sind auf Sozialhilfe angewiesen?“Wenn beim Vorstellungsgespräch dieser Satz fällt, ist der Hintergedanke herauszuhören: Na, das wird schon seinen Grund haben – was ist es denn bei Ihnen: Faulheit? Alkohol? „Dieses negative Bild ist immer noch einer der Hauptgründe, warum es so schwierig ist, aus dem Sozialhilfebezug wieder herauszukommen“, erklärte Renate Finnie von der Werkstatt Bremen am Freitag bei einer ersten Bilanz des Programms „Arbeit statt Sozialhilfe“.

1997 vermittelte die Werkstatt, ein Eigenbetrieb des Landes, 143 Frauen und Männer mit Einjahresverträgen und Lohnkostenzuschüssen von bis zu 30.000 Mark auf den ersten Arbeitsmarkt. 70 Prozent wurden unbefristet übernommen. Insgesamt, so Finnie, habe das 42-Millionen-Mark-Programm 1.224 SozialhilfebezieherInnen erfaßt. Wer nicht in der privaten Wirtschaft unterkam, bekam einen ebenfalls befristeten BSHG-19.2-Job auf dem sogenannten zweiten Arbeitsmarkt – dafür gibt es wie bei einer ABM-Stelle 80 Prozent des Tarifs. Unterschied: Das Geld kommt nicht vom Arbeits- sondern vom Sozialamt.

„Der Bedarf wäre natürlich noch viel größer“, ist auch Sozialsenatorin Christine Wischer (SPD) klar. Rund 51.000 BremerInnen sind derzeit ganz oder teilweise auf Sozialhilfe angewiesen. Etwa 6.100 davon sind arbeitslos, bekommen aber kein Geld vom Arbeitsamt. Mindestens 4.500, so Wischer, „fehlt nichts weiter als ein Arbeitsplatz“– wie insgesamt rund 43.000 Menschen in Bremen.

Sozialhilfebeziehende haben mit besonderen Hemmnissen zu kämpfen: neben der von Mißbrauchs-Kampagnen und Zwangsarbeit-Diskussionen forcierten Stigmatisierung auch mit veralteter Qualifikation, langer Berufsabstinenz, aber auch mit Sprach- oder Zeitproblemen.

Vor allem AussiedlerInnen kämen oft mit „wunderbaren Qualifikationen“, sagte Finnie. „Aber sie können sich nicht verständigen.“Deshalb kämen für sie viele Arbeiten „gar nicht in Frage“, bestätigte Harald Hupprecht, Geschäftsführer des Fuhrunternehmens Johannesen, an das die Werkstatt im vergangenen Jahr einen Aussiedler aus Rußland vermittelt hat. Der ehemalige Werkstattleiter habe sich aber mit zunehmenden Sprachkenntnissen „ganz schnell hochgearbeitet“. Allerdings, so Hupprecht, sei er – „wie viele meiner Kollegen“– der Meinung, daß die Förderung der Sozialbehörde dafür „viel zu kurz“sei. Vor allem, ergänzte Jörg Langkowski, dessen Dachdeckerbetrieb ebenfalls zu den 240 Firmen zählt, mit denen die Werkstatt inzwischen zusammenarbeitet, müsse man „denen erst beibringen, was Marktwirtschaft heißt, daß hier das Augenmerk auf Leistung liegt“.

Die Frage der Arbeitszeit spielt hingegen vor allem bei alleinerziehenden Frauen eine Rolle. „Teilzeitarbeitsplätze sind aber bislang zu wenig vorgesehen“, bemängelte Finnie. Und: Die meisten interessierten Betriebe kommen aus dem gewerblich-technischen Bereich, das Angebot für Männer sei einfach größer. Für Anfang Juni seien aber 20 Telefonmarketing-Stellen – Voll- und Teilzeitplätze – akquiriert, für die die Unternehmen SpezialistInnen haben wollen. Und die will die Werkstatt Bremen ihnen liefern. „Paßgenau qualifiziert.“ bw