Next Stop Nagano: Hatschi und Kamera-ja
■ Von den Gefahren des Niesens in einer Hühnerbraterei – und traurigen Brasilianern
Sich über die Kuriositäten fremder Sprachen lustig zu machen, schickt sich nicht und ist auch provinziell. Beim Japanischen darf eine Ausnahme gemacht werden, denn es ist eine sehr angenehme Sprache – leicht zu sprechen und leicht zu verstehen. In einem Roman von Karl May gibt es einen deutschen Kapitän, der seine eigene kolonialistische Variante des Chinesischen pflegt.
Das klingt dann etwa so: „Ich werdeng dir einen Hiebung auf die Ohrang gebing.“ Er behauptet, daß er bestens verstanden wird. Wie hätte es ihm erst in Japan gefallen. Ein Fotoladen nennt sich hier „Kamera-ja“, was sehr zuvorkommend ist. Zwar nennen sich nicht alle anderen Läden „Kamera-nein“, dafür heißt Bäckerei „bekari“ – auch gut. Wein ist praktischerweise Wein, und Bier „Biru“, was sich auch der größte Sprachtrottel im Vollrausch merken kann.
Daß die Zahl acht „hatschi“ heißt, kann wiederum Anlaß zu Mißverständnissen geben. Wer etwa in einer Hühnerbraterei kräftig niesen muß, hat ein Problem. Für Italiener gibt es das Mineralwasser („mineralu-si“), ziemlich günstig ist Japan aber auch für Englischsprachige. Eistee heißt „Aisti“, Zitronentee „Lemonti“, Saft heißt „djus“ und Whisky „uiski“. Schwieriger wird es bei den einfachen Dingen. So bedeutet „hai“ weder „hallo“ noch „großer, gefräßiger Fisch mit üblen Absichten“, sondern einfach „ja“. „Yeah“ wiederum heißt „nein“. Verwirrend. Zumindest US- Bürger können sich mit den Geschäften trösten: die nennen sich häufig McDonald's, 7-Eleven, Denny's oder Pizza Hut.
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Trinidad ist dabei, Puerto Rico fährt mit, und Irland ist gleich doppelt vertreten. Zwei Sportler, die wie wenige andere vom olympischen Geist befallen sind, fehlen jedoch, wenn heute die Zweierbobs durch die Eisrinne in Iizuna Kogen zischen. Dabei sind Eric Maleson und Ricardo Raschini aus Brasilien in Nagano, haben sich qualifiziert und führen auch ein passendes Gefährt mit sich. Starten dürfen sie trotzdem nicht, weil sich ihr NOK geweigert hat, sie offiziell zu melden. Bis zuletzt hatten die beiden auf einen Sinneswandel und ein Happy End ihres olympischen Abenteuers gehofft, das mit der Qualifikation beim America's Cup in Lake Placid, wo sie studieren, begann.
Weil sie kein Geld für den Flug hatten, begaben sich Maleson und Raschini mit ihrem Sportgerät einfach nach New York und hofften auf ein Wunder. Dies trat in Gestalt eines reichen Geschäftsmannes ein, der von ihrer Misere hörte und die Tickets spendierte. In Nagano dürfen sie, da die brasilianischen Funktionäre, mit denen sie seit Jahren im Zwist liegen, sie nicht akkreditierten, natürlich nicht ins Olympische Dorf und wohnen bei einem Freund. Zur Bahn in Iizuna Kogen hatten sie ebenfalls keinen Zugang, und um sie wenigstens besichtigen zu können, mußten sie Tickets für das Rodeln kaufen. Der Film „Cool Runnings“ habe ihn, wie so viele andere, zu diesem Sport inspiriert, sagt Maleson, im Gegensatz zum jamaikanischen Bobteam bleibt ihm jedoch der Auftritt bei Olympia verwehrt. Auf der gestern veröffentlichten Startliste fehlen die Namen der beiden Brasilianer.
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Einen deutlichen Verweis haben sich die Curlingspieler eingehandelt. Sie sollen gefälligst nicht so unflätig fluchen und vor allem nicht so laut, daß man es bei den Fernsehübertragungen hört. Besonders hervorgetan hatte sich das Team aus dem Ursprungsland des Sports, Schottland, das für Großbritannien die Steine übers Eis rutschen läßt. Zerknirscht gelobten die Curler Besserung und versprachen, keine goddamn curses im bloody TV mehr abzusondern. Matti
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