Existenzgründung nur mit Existenzrisiko

■ In Berlin haben Banker, Politiker und Konzernvorstände ein Existenzgründer-Institut gegründet. Wettbewerbe motivieren zur neuen Selbständigkeit und erleichtern die Finanzierung

Zumeist mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen, in Anzug oder Kostüm, Aktenkoffer in der Rechten, die Hürde mühelos überwindend, springen sie dem Betrachter entgegen. Gemeint sind ExistenzgründerInnen, die zuhauf Titelseiten der bundesweit vertriebenen Gründerbroschüren zieren. Ob Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Deutsche Ausgleichsbank (DtA) oder Landesministerien und Senatsverwaltungen: Sie alle haben sich dem Ziel verschrieben, UniversitätsabsolventInnen statt in Ämter lieber in die Existenzgründung zu schicken.

Auch Helmut Kohl nahm sich Ende vergangenen Jahres beim Mittelstandskongreß in Frankfurt am Main des Themas an: „Vollkaskomentalität“ herrsche in Deutschland, 40 Prozent der AbsolventInnen strebten in den öffentlichen Dienst und nur weniger als 15 Prozent wollten ein Unternehmen gründen. Doch auch er erkannte: Wer mit einer Gründung scheitert, ist in Deutschland den Rest des Lebens „markiert“. Ursachen für diese Gründungszurückhaltung, so offenbaren bundesweit Umfragen des BMWi (1997) sowie der DtA (1996), liegen vor allem bei der Politik und den Banken. Denn Zins- und Steuerbelastungen, Schwierigkeiten bei der Fördermittelvergabe sowie Gesetzesänderungen bezeichnen GründerInnen in den Umfragen – neben eigenen Planungsfehlern – als eklatante Gründungsprobleme.

Über 80 Prozent aller Existenzgründungen von Frauen sind Einzelunternehmen oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR), also in der Regel Mini- und Kleinunternehmen mit mäßigem Kapitalbedarf. Mit 70 Prozent liegen die Männer vergleichbar im Trend. Aufgrund der Wahl dieser Unternehmensform tragen GründerInnen das volle Risiko und haften mit ihrem gesamten Privatvermögen.

Um die Gründerquoten anzukurbeln, entstehen vielerorts neue Koalitionen: In Berlin haben Banker, StudentInnen, PolitikerInnen und Konzernvorstände im April 1996 ein Existenzgründer-Institut (EIB) etabliert. Zunächst in Universitäten angesiedelt, zogen die InitiatorInnen kurzerhand in die Investitionsbank Berlin um. Seither organisieren die EIBler Busineßplan-Wettbewerbe, bei denen Gründerteams ihre Unternehmenskonzepte einreichen. ProfessorInnen, Risikokapitalgesellschaften und etablierte GründerInnen wählen anschließend die erfolgversprechendsten Konzepte aus. Wenn auch die Preise (etwa ein Laptop) nicht unbedingt zum Gründungs-Outing motivieren – denn bekanntlich ist ja die Konzeptidee das beste Kapital für eine Unternehmung – so wirkt dafür das EIB-Umfeld doppelt anziehend: Im Vorstand sitzt der Berliner Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) neben Mitgliedern wie der Vorstandsvositzende der Landesbank Berlin, Bernd-Peter Morgenroth, sowie der Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg, Erich Gerhard. Die Hoffnung, bei einem Wettbewerb ganz vorne mitzumischen, um anschließend leichter an Fördergelder und Bankkredite zu kommen, hat zu einer Beteiligung von bundesweit mehr als 150 Gründerteams geführt. Peter Sennekamp